Forscher lassen Bakterien hochwertige Pflanzenprodukte herstellen
Inhaltsstoffe von Pflanzen, die sich von Ferulasäure ableiten, können eine gesundheitsfördernde Wirkung haben oder als Ausgangssubstanz für Geschmacksstoffe dienen. Forscher der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und des Leibniz-Instituts für Pflanzenbiochemie (IPB) haben einen Weg gefunden, diese Stoffe einfach und günstig von Mikroorganismen produzieren zu lassen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stellt für ein neues Projekt 1,5 Millionen Euro zur Verfügung, um das Verfahren weiter zu verbessern. Am Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP wird der Herstellungsprozess parallel für den industriellen Maßstab optimiert.
In der traditionellen russischen Medizin wird Rosenwurz-Extrakt schon seit langem genutzt, um Konzentration und Gedächtnisleistung zu verbessern. Und tatsächlich konnten einige Studien die positive Wirkung bestätigen und schließlich auch den Wirkstoff identifizieren: Eine Ferulasäure-Verbindung. »Laut einer Studie, an der das IPB beteiligt war, wird die Lernleistung von Fruchtfliegen dadurch um 24 Prozent gesteigert«, so Prof. Dr. Markus Pietzsch vom Institut für Pharmazie der MLU, der das neue BMBF-Projekt leitet. »Es handelt sich also nicht nur um eine gefühlte Wirkung.« Zudem ist Ferulasäure Ausgangsstoff für Aromastoffe wie Vanillin und das typische Weizenbieraroma.
»Die Säure kommt in unterschiedlicher Form in sehr vielen verschiedenen Pflanzen vor«, so Prof. Dr. Ludger Wessjohann, Abteilungsleiter für Natur- und Wirkstoffchemie am IPB und Professor an der MLU. Bisher gestaltet sich die Produktion des vielversprechenden Naturstoffs jedoch aufwendig. Er wird mithilfe von Lösungsmitteln und Hitze aus Produktionsrückständen von Mais, Weizen oder Reis extrahiert.
Einfacher und kostengünstiger wäre es, Ferulasäure biotechnologisch mithilfe von Mikroorganismen herzustellen. Um herauszufinden, welche Stoffwechselprozesse für die Synthese der Ferulasäure in Pflanzen von Bedeutung sind, kooperiert Pietzsch schon seit Jahren mit dem IPB in Halle. Gemeinsam mit Wessjohann ist es ihm gelungen, die Enzyme zu isolieren, die für die Produktion von Ferulasäure wichtig sind. Auch ein Prozess zur Herstellung wurde bereits entwickelt. Dafür wurden E. coli-Bakterien so verändert, dass sie die gleichen Enzyme produzieren und so auch die Säure herstellen können.
Im Rahmen des BMBF-Projekts dient Ferulasäure als Ausgangssubstanz für zwei verschiedene Zielprodukte: gesundheitsfördernde Substanzen und Geschmacksstoffe. »Es gibt antimikrobielle und neuroprotektive Verbindungen, die sich von Ferulasäure ableiten«, so Pietzsch. Außerdem sollen sogenannte bittermaskierende Stoffe nach einem Verfahren des IPB produziert werden, die Lebensmitteln zugesetzt werden können.
Ist der Produktionsprozess an der MLU so weit optimiert, dass die Zielprodukte im Labormaßstab hergestellt werden können, gibt Pietzsch an seine ehemalige Doktorandin Dr.-Ing. Katja Patzsch am Fraunhofer CBP in Leuna ab. Sie ist Expertin dafür, biotechnologische Prozesse zu optimieren und zu skalieren. Das CBP verfügt über Fermentationsanlagen, die bis zu 10.000 Liter fassen. »Das ist die Vorstufe für die industrielle Produktion«, erklärt Patzsch.
Die Optimierung der Ferulasäure-Produktion wird vom BMBF für drei Jahre gefördert. Die Nachfrage nach dem Naturstoff ist groß. Er bildet die Grundlage für biotechnologische Verfahren zur Herstellung von Vanillin und wird in Asien bereits Lebensmitteln zugesetzt und sogar als Gewürz verwendet. Aufgrund seiner antimikrobiellen Eigenschaften ist der Pflanzenstoff zudem nicht nur in der Medizin, sondern auch in der Kosmetikindustrie gefragt.