Künstliche Herzklappe am Vorbild der Natur – Svenja Hinderer erhält Deutschen Studienpreis

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Für ihre Doktorarbeit wurde die ehemalige IGVP-Doktorandin und heutige IGB-Gruppenleiterin Dr. Svenja Hinderer mit dem Deutschen Studienpreis der Körber-Stiftung ausgezeichnet. Hinderer gelang es in ihrer Arbeit, mittels Elektrospinnen einen Herzklappenersatz herzustellen, dessen strukturelle, mechanische und biochemische Eigenschaften denen natürlicher Taschenklappen sehr nahe kommen.

Für ihre Doktorarbeit »Electrospinning – a suitable method to generate scaffolds for regenerative medicine applications« erhält die ehemalige Doktorandin des Instituts für Grenzflächenverfahrenstechnik und Plasmatechnologie IGVP der Universität Stuttgart, die am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in der Abteilung Zellsysteme unter der Leitung von Prof. Dr. Katja Schenke-Layland an einem zellfreien Herzklappenersatz forscht, den von der Körber-Stiftung verliehenen Deutschen Studienpreis.

Aus über 418 Bewerbungen nominierte die Jury dieses Jahr 27 junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den drei Sektionen »Geisteswissenschaften«, »Sozialwissenschaften« sowie »Natur- und Technikwissenschaften«. Dr. Svenja Hinderer, die ihre Promotion in der Fakultät 4 Energie-, Verfahrens- und Biotechnik der Universität Stuttgart im Juli 2014 mit Auszeichnung abschloss, schaffte es im Bereich »Natur- und Technikwissenschaften« auf den begehrten, mit 25 000 Euro dotierten Spitzenplatz. Kriterium für die Auswahl der Preisträger waren neben der fachwissenschaftlichen Exzellenz vor allem die spezifische gesellschaftliche Bedeutung der Forschungsbeiträge. Gefragt war dabei weniger die ökonomische Verwertbarkeit, sondern eher der gesamtgesellschaftliche Nutzen wissenschaftlicher Erkenntnis.

Bisherige künstliche Herzklappen wachsen im Kindeskörper nicht mit, sodass sie regelmäßig ausgetauscht werden müssen. Doch auch bei Erwachsenen halten sie höchstens 25 Jahre. »Um ein als Klappenersatz geeignetes Material zu entwickeln, das den Zellen eine möglichst physiologische Umgebung bietet, habe ich mich in meiner Doktorarbeit immer wieder am Vorbild der Natur orientiert«, schildert Hinderer. Zunächst untersuchte die Chemikerin daher die extrazelluläre Matrix nativer Herzklappen hinsichtlich struktureller, mechanischer und biochemischer Beschaffenheit.

Das auf dieser Grundlage entwickelte neue Trägersubstrat besteht aus einem Polymergemisch, einem UV-vernetzbaren Polyethylenglykol und Polylactid, das zusätzlich mit gewebespezifischen Proteinen, den wasserbindenden Proteoglykanen, versponnen wurde. Der stabile und zugleich elastische Scaffold ist biokompatibel und sterilisierbar – und damit für medizinische Anwendungen hervorragend geeignet.

Innerhalb ihrer Arbeit simulierte Hinderer in einem Bioreaktor auch die physiologischen Drücke des Herzens, denen das Material hervorragend standhält. Zukünftiges Ziel ist es, ein zellfreies Medizinprodukt zu entwickeln, das sich erst nach dem Einsetzen in den Patienten selbst besiedelt. Dazu erforscht Hinderer, die seit Anfang Juli 2015 die Gruppe »Kardiovaskuläres Tissue Engineering« am Fraunhofer IGB leitet, wie die Trägersubstrate mit spezifischen Proteinen modifiziert werden können, um gezielt Stammzellen anzulocken.