Fermentative Herstellung von Carbonsäuren aus Lignocellulose-Zuckern

Das Team verfügt über ein breites bioverfahrenstechnisches Know-how zur Skalierung und Prozessintensivierung, wobei die im Labormaßstab entwickelten Verfahren hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit in den industrierelevanten Maßstab im Vorfeld bewertet und bei der Übertragung und Skalierung iterativ optimiert werden. Hierzu zählen etwa die Anpassung von Prozessführungsstrategien (Batch, Fed-Batch, kontinuierlich) und eine integrierte Produktaufreinigung zur Reduktion von Prozessschritten oder die Wiederverwendung der Biokatalysatoren (z. B. durch Immobilisierung an Trägermaterialien).

Äpfelsäure aus Xylose – Fermentation erstmals im 1-m³-Maßstab

Aspergillus oryzae
Mikroskopische Darstellung des Pilzes Aspergillus oryzae.

Äpfelsäure wird bislang vor allem in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie eingesetzt. Sie verbessert die Haltbarkeit von Backwaren und dient als Lieferant für den sauren Geschmack von Marmeladen und Säften. Aber auch ihr Potenzial als Baustein für die Chemieindustrie ist erheblich. Zusammen mit Bernstein- und Fumarsäure gehört sie zur Gruppe der C4-Dicarbonsäuren. C4-Säuren können in 1,4-Butandiol (BDO) umgewandelt werden – eine wichtige Vorstufe zur weiteren Konversion in eine Vielzahl von Chemikalien, darunter Kunststoffe, Polymere und Harze, deren Anwendungsspektrum von Golfbällen bis hin zu Druckfarben und Reinigungsmitteln reicht.

Die fermentative Herstellung der Äpfelsäure wurde in Zusammenarbeit der Arbeitsgruppen Industrielle Biotechnologie/Bioprozessentwicklung am Fraunhofer IGB und Biotechnologische Verfahren am Fraunhofer CBP im Rahmen des Projekts KomBiChemPro entwickelt. Die Fermentation erfolgte mit dem Pilz Aspergillus oryzae, welcher nach dem GRAS-Status (engl. generally recognized as safe) der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) als unbedenklicher Lebensmittelzusatzstoff gekennzeichnet ist. Der Stamm kann neben Glucose auch den C5-Zucker Xylose verwerten, der als Hauptbestandteil der Hemicellulose aus Holzreststoffen gewonnen werden kann,

Zunächst wurde der Prozess im Labormaßstab optimiert, in Rührreaktoren etabliert und schließlich erstmals mit dem Substrat Xylose bis in den 1-m³-Maßstab erfolgreich skaliert. Die Produktaufarbeitung konnte mittels Kristallisation demonstriert werden. Damit wurden mehrere Kilogramm Äpfelsäure produziert, welche als Muster für Anwendungstests zur Verfügung stehen.

Hohe Konzentrationen an Xylonsäure durch Prozessoptimierung

Xylonsäureproduktion
Xylonsäureproduktion aus Xylose mit Gluconobacter.

Gluconsäure ist ein wichtiger Bestandteil von Nahrungsmitteln, Baumaterialien und Farben [1]. Die Säure wird aus Glucose hergestellt, deren Gewinnung aus stärke­haltigen Pflanzen kompetitiv zur Nahrungsmittelherstellung ist. Eine Alternative zur Gluconsäure stellt die Xylonsäure dar: Einerseits zeigt diese vergleichbare Eigen­schaften, andererseits kann sie aus lignocellulosehaltigen Pflanzenteilen bzw. Rest­stoffen gewonnen werden. Ziel im Rahmen des Projekts KomBiChemPro war daher die Entwicklung eines effizienten Prozesses zur Gewinnung von Xylonsäure aus Xylose.

Die fermentative Umsetzung der Xylose wird mittels Ganzzellkatalyse (Gluconobacter sp.) und lediglich Sauerstoff als zweitem Reaktant durchgeführt. Gegenüber Kon­kurrenzlösungen besitzt die Fermentation mittels Gluconobacter sp. den Vorteil der spezifischen, nachhaltigen und effizienten Umsetzung. Durch Optimierung konnte das Team der Gruppe Industrielle Biotechnologie am IGB bisher eine Xylonsäurekonzentration von über 250 g/L erreichen – bei einer Ausbeute von über 90 Prozent. Im nachfolgenden Aufreinigungs­prozess wurde Xylonsäure mit einem Reinheitsgrad von über 80 Prozent gewonnen, was für tech­nische Anwendungen ausreichend ist.

Mit einer erfolgreichen 100-Liter-Fermentation wurde die Skalierbarkeit des Prozesses am Fraunhofer CBP durch das Team um Sandra Torkler und Katja Patzsch bereits demonstriert, ein Scale-up auf 300 Liter folgt. Kleinere Mengen bieten wir bereits jetzt für anwendungsspezifische Unter­suchungen an. So kann die Xylonsäure z. B. zur Substitution von Gluconsäure als Abbindeverzögerer oder als Chelatierungs­mittel getestet werden.

Literatur

[1] Toivari, M.H., Y. Nygard, M. Penttila, L. Ruohonen, and M.G. Wiebe, Microbial D-xylonate production. Applied Microbiology and Biotechnology, 2012. 96(1): p. 1-8.