Mit Abwärme heizen und kühlen
In Industrieanlagen oder bei der Verstromung von Biogas fällt Wärme an, die häufig ungenutzt verloren geht. Eine neue Technologie kann dies künftig ändern: Sie ermöglicht es, die Wärme über längere Zeiträume hinweg verlustfrei zu speichern und bei Bedarf zu nutzen. Auf der Messe BAU zeigt das Fraunhofer IGB vom 19. bis 24. Januar 2015, wie die sorptive Wärmespeicherung funktioniert und technisch umgesetzt wird.
Etwa 40 Prozent der Energie wird in den industrialisierten Ländern für das Heizen und Kühlen verbraucht. Auf der anderen Seite fällt in Industrieanlagen und bei der Verstromung von Biogas Abwärme an, die häufig ungenutzt verloren geht. Der Knackpunkt: Die Wärme wird meist nicht zu dem Zeitpunkt gebraucht, an dem sie entsteht. Ähnliches gilt für die Wärme, die sommers in Solaranlagen erzeugt wird. Mit Wärmespeichern kann Ab- und Überschusswärme gespeichert werden. Am Markt derzeit verfügbare Systeme speichern die Wärme auf der Basis von Wasser. Die Nachteile: Sie können lediglich eine begrenzte Menge Wärme aufnehmen. Diese lässt sich zudem nur über kurze Zeiträume speichern, denn trotz Isolierung gibt das Wasser die Wärme im Laufe der Zeit an die Umgebung ab.
Eine Erfolg versprechende Alternative ist die sorptive Wärmespeicherung, bei der die gespeicherte Wärme durch physikalisch-chemische Prozesse fest gebunden ist. Ein sorptiver Speicher kann daher drei- bis sechsmal so viel Wärme speichern wie Wasser. Zudem hält er die Wärme über lange Zeiträume ohne Verluste und kann auch bei Temperaturen deutlich über 100 Grad Celsius arbeiten. Ein adsorptives Wärmespeichersystem hat das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in einer ersten Demonstrationsanlage umgesetzt. Das System basiert auf der Adsorption von Wasserdampf in den Poren von Zeolithen. Zeolithe sind kristalline Mineralien mit poröser Gerüststruktur. Kommt ihre Oberfläche mit Wasserdampf in Berührung, bindet es diesen in den Poren und Wärme entsteht. Zur Wärmespeicherung trocknet man den Werkstoff. Die thermische Energie wird erst wieder frei, wenn sich erneut Wasserdampf anlagert. Verhindert man, dass der getrocknete Zeolith mit Wasser in Berührung kommt, kann die Wärme ohne zeitliche Beschränkung gespeichert werden.
»Wir haben das Prinzip aufgegriffen und technisch umgesetzt«, sagt Simone Mack, Gruppenleiterin Wärme- und Sorptionssysteme am IGB. Zunächst haben die Forscher in einem Labor-Reaktor gezeigt, dass das Verfahren grundsätzlich funktioniert. »Wir haben uns angeschaut, wie wir das Wärmespeicherprinzip technisch umsetzen können und die Prozess- und Verfahrenstechnik entwickelt«, erläutert Mack. Besonderes Augenmerk legten die Forscher dabei auf einfach und flexibel gestaltete Wärmetauscher, von denen pro Wärmespeicher zwei benötigt werden. Der eine sammelt die Ab- oder Überschusswärme und speist sie in das Zeolithbett ein, der zweite überträgt die in den Zeolithen gespeicherte Wärme auf das Heizungswasser, wenn es dort gebraucht wird. Zudem sorgt eine optimierte Strömungsführung im Zeolithfestbett für eine effizientere Speicherung der Wärmeenergie pro Raumvolumen: Die spezifischen Energiespeicherdichten, die die Fraunhofer-Ingenieure mit dem System erreichen, liegen bei 150 bis 240 Wattstunden pro Kilogramm Speichermaterial. »Durch ein optimiertes Speicherkonzept konnten wir die Prozessdynamik verbessern und höhere Speicherdichten sowie Lade- und Entladeleistungen erzielen«, bekräftigt Mack. In Zusammenarbeit mit Partnern aus der Industrie wurden erste Demonstrationsanlagen entwickelt und unter praxisnahen Bedingungen erprobt. Um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen, sollen die transportablen Speicher weiter optimiert und an verschiedenen Standorten getestet werden. Des Weiteren verfolgen die Wissenschaftler den Ansatz, mit Zeolith-Speichern zu kühlen. Wenn das hygroskopische Zeolith Wasserdampf in seinen Poren bindet (und hier Wärme freigesetzt wird), entsteht auf Seite des Wasserbehälters, dem der Wasserdampf entzogen wird, Verdampfungskälte, die für eine Kühlung genutzt werden kann.