Obwohl in letzter Zeit, beispielsweise aufgrund zellbasierter Therapeutika, große Fortschritte in der personalisierten Behandlung bestimmter Tumore gemacht werden konnten, repräsentieren Krebserkrankungen immer noch – nach kardiovaskulären Erkrankungen – eine der Haupttodesursachen in der Medizin.
Herausforderung Früherkennung
Dabei kristallisiert sich immer mehr heraus, dass (neben einer möglichst spezifischen und effektiven Therapieoption) einer möglichst frühen Diagnostik immer größere Bedeutung beigemessen wird. Für einige der häufigsten Tumorerkrankungen einschließlich Brust-, Prostata- oder Kolorektal-Karzinome werden deshalb routinemäßig Früherkennungsuntersuchungen angeboten, die ihren Beitrag zur Senkung der schwerwiegenden Verläufe liefern sollen.
Trotz vielversprechender Möglichkeiten, bestimmte Tumore im Frühstadium erkennen und entfernen zu können, sind mit den entsprechenden Untersuchungen teilinvasive Eingriffe notwendig, die nicht nur unangenehm, sondern auch mit zusätzlichen Risiken verbunden sind. Das senkt überdies die Akzeptanz entsprechender diagnostischer Verfahren. Zudem existieren für einige der schwerwiegendsten Tumorerkrankungen mit außerordentlich schlechter Prognose, beispielsweise dem Bauchspeicheldrüsenkrebs, auch bekannt unter dem Namen Pankreaskarzinom, keine entsprechenden Früherkennungsuntersuchungen. Daher besteht ein großer Bedarf an diagnostischen Verfahren, die möglichst nicht invasiv, mit hoher Präzision und in frühen Stadien Tumorerkrankungen zuverlässig erkennen können.
Nicht invasives Verfahren zur Diagnose von Pankreaskarzinomen
Aufbauend auf der langjährigen Expertise im Bereich der Entwicklung nicht invasiver Diagnostik komplexer Erkrankungen haben wir in der Abteilung In-vitro-Diagnostik am Fraunhofer IGB in Kooperation mit klinischen Partnern des Universitätsklinikums Erlangen unter der Leitung von Prof. Dr. Georg Weber sowie der Firma GeneData im Bereich der Bioinformatik ein innovatives Verfahren zur Früherkennung von Pankreaskarzinomen etabliert.
Dieses Verfahren basiert auf der Analyse sogenannter zellfreier Tumor-DNA aus dem Blut von Patienten. Diese zellfreie DNA wird dabei zunächst aus dem entsprechenden Blutplasma isoliert und dann nach bestimmten krankhaften Veränderungen untersucht. Tumor-DNA unterscheidet sich von gesunder DNA häufig in chemischen Modifizierungen – den sogenannten Methylierungen – an bestimmten Stellen der DNA, die wir mittels Hochdurchsatzsequenzierung identifizieren.
Mithilfe dieses Verfahrens kann aber nicht nur zwischen gesunden und tumorerkrankten Patienten unterschieden, sondern darüber hinaus auch zwischen verschiedenen gastrointestinalen Tumoren differenziert werden. Eine zusätzliche Besonderheit dieser Methode stellt weiterhin die Möglichkeit dar, eine maligne Tumorerkrankung des Pankreas von einer entzündlichen, nicht entarteten Pankreatitis zu unterscheiden, die gemäß klinischer Richtlinien komplett anders behandelt werden muss.
Erfolgreiche technische und klinische Validierung
Im Rahmen einer klinischen Studie in Zusammenarbeit mit der Gastroenterologie des Universitätsklinikums Erlangen haben zunächst eine technische Validierung an Blutproben von Patienten vorgenommen, die entweder an Pankreaskarzinomen in verschiedenen Stadien oder die an einer sogenannten Pankreatitis erkrankt waren. In einer sogenannten Proof-of-Concept-Studie ist dann auch eine klinische Validierung erfolgt. Mittels KI-basierter Verfahren konnten wir zudem an einigen Beispielfällen zeigen, dass sich mit dem Diagnostikverfahren sogar nicht maligne Vorstadien klassifizieren lassen.
Basierend auf diesem Verfahren strebt das Fraunhofer IGB nun eine Translation in die klinische Routine an. Zudem sollen die entwickelten Technologien auch für andere Tumorerkrankungen und weitere klinische Indikationen mit zukünftigen Kollaborationspartnern angewendet werden.