Echtzeit-Prozessanalytik mit neuem Massenspektrometer

Am Fraunhofer IGB wurde eine Messtechnik entwickelt, durch die mithilfe eines Massenspektrometers flüchtige Substanzen in Gasphase und Flüssigphase gleichzeitig in Echtzeit quantitativ gemessen werden können. Das empfindliche Messsystem eignet sich damit für die automatisierte Überwachung und Steuerung von chemischen Reaktionen und biotechnologischen Prozessen. Diese Messtechnik wird an vielfältige industrielle Prozesse angepasst und weiterentwickelt.

 

Einsatzgebiete

Das Echtzeit-Massenspektrometer ist für den vielfältigen Einsatz in Chemie und Biotechnologie, Pharmazie und Lebensmittelherstellung geeignet und soll branchenspezifisch weiterentwickelt werden.

Die Neuentwicklung eröffnet dabei auch neue Anwendungsmöglichkeiten für die Massenspektrometrie, etwa im Bereich »Industrie 4.0« – überall dort, wo es gilt, chemische und biotechnologische Prozesse über eine optimierte Steuerung zu verbessern.

 

EXIST-Forschungstransfer Variolytics

Für die branchenspezifische Weiterentwicklung und Markteinführung wird das Entwicklerteam des Fraunhofer IGB über die EXIST-Förderung der Bundesregierung im Programm EXIST-Forschungstransfer gefördert (siehe unten).

 

Echtzeit-Massenspektrometer zur Analyse von Gasen und Flüssigkeiten

Multi-Einlass mit Membran

Kernstück des patentierten Messsystems ist ein modifizierter, als Bypass angelegter Einlass zur Analysatoreinheit, mit dem – erstmalig für die Massenspektrometrie – auch Komponenten aus der Flüssigphase analysiert werden können. An diesem Einlass ist eine mikroporöse Membran angebracht, über die – angetrieben durch den Unterdruck auf der Permeatseite – flüchtige Substanzen aus der flüssigen Probe verdampfen und die Membran passieren. Für polare, wässrige Lösungen ist die Membran undurchlässig. Ihre spezielle räumliche Struktur macht sie zudem unempfindlich gegen Verstopfung durch Feststoffe.

 

Neu entwickelter Messfühler

Darüber hinaus wird mit einem neu entwickelten Messfühler die In-situ-Analyse von Flüssigkeiten, beispielsweise in Fermentern bei biotechnologischen Herstellungsprozessen möglich. In diesem Fall befindet sich die Membran, in den Messfühler integriert, direkt im Inneren des zu überwachenden Reaktors.

 

Automatisierte Steuerung für Analysen in Echtzeit

Welcher Einlass vom Probennehmer angesteuert wird, kann der Anwender an der Steuerungseinheit einstellen. Die vom Fraunhofer IGB entwickelte Siemens-Programmierung erlaubt, die Probenführung über entsprechende Ventile innerhalb von Sekunden beliebig zwischen Gas-, Flüssig- und In-situ-Analyse umzuschalten und liefert damit Ergebnisse in Echtzeit. Zudem ist das verwendete Quadrupol-Massenspektrometer mit einer Auto-Kalibrierung ausgestattet, sodass simultan bis zu 30 Komponenten im Stoffgemisch – ohne vorherige Trennung – bestimmt werden können.

 

Nachweisgrenzen

Die Nachweisgrenzen des Massenspektrometers liegen dabei unter 10 µg Substanz pro Liter und somit im unteren ppm-Bereich. Da die Gase über Edelstahlleitungen in das Vakuumsystem der Nachweiseinheit angesaugt werden, sind Entfernungen von über 10 Metern zur Probenahmestelle möglich, ein aufwändiges Pumpen der Proben entfällt. Je nach Auslegung von Länge und Durchmesser der Edelstahlkapillaren können Gase in Echtzeit im Vakuum bis zu 1 mbar oder bei Überdruck bis zu 100 bar gemessen werden.

EXIST-Forschungstransfer Variolytics

Das System wird derzeit weiterentwickelt und für die Prozessindustrie auf den Markt gebracht – über eine Ausgründung aus dem Fraunhofer IGB. Finanziert wird das Vorhaben des Teams um Dr.-Ing. Matthias Stier über das Förderprogramm »EXIST – Existenzgründungen aus der Wissenschaft« des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, einem Programm, das eigens für den Forschungstransfer und für die Gründung von Unternehmen aus der Wissenschaft heraus ins Leben gerufen wurde.

Ausgründung Variolytics

Echtzeitanalytik, um Prozesse genauer abzubilden und besser zu steuern

 

variolytics.de