Plasmasterilisation – Inaktivierung von Mikroorganismen mit Plasmen

Bei herkömmlichen Sterilisationsverfahren werden Mikroorganismen durch verschiedene physikalische oder chemische Faktoren wie Hitze, Strahlung oder Gaseinwirkung inaktiviert. Die Wahl des Sterilisationsverfahrens hängt dabei von der Materialzusammensetzung, dem Behandlungsziel und dem Anwendungsbereich ab.

Bei thermolabilen Materialien wie Medizinprodukten oder Bauteilen medizintechnischer Geräte können thermische Sterilisationsverfahren nicht eingesetzt werden. Auch Gassterilisationen sind oft nicht optimal, denn sie erfordern hohe Sicherheitsstandards bei der Anwendung der teilweise explosiven, toxischen oder krebserregenden Gase. Empfindliche Materialien können hierbei durch reaktive chemische Verbindungen sogar abgebaut oder irreversibel geschädigt werden.

 

Plasmasterilisation – eine Alternative?

Die sterilisierende, mikrobielle Zellen inaktivierende Wirkung von Niedertemperaturplasmen bietet sich als eine materialschonende Alternative an. Zusätzlich tragen die reaktiven Moleküle des Plasmas auf schonende Weise auch organische Verunreinigungen wie z. B. Zellreste ab. Da die sterilisierenden Gasmischungen erst direkt im Plasma erzeugt werden, entfällt eine aufwändige Entsorgung.

Verfahrensentwicklung

Plasmabehandlung zur Sterilisation von zwei Sterisafes-Sterilbehältern aus unterschiedlichen Materialien.
Bild 1: Plasmabehandlung zur Sterilisation von zwei Sterisafes-Sterilbehältern aus unterschiedlichen Materialien (A: Polyetherimid, B: Polyphenylensulfid) in einem Plasmareaktor.

Am Fraunhofer IGB bearbeiten Wissenschaftler aus Grenzflächenverfahrenstechnik und Biologie seit Jahren Fragestellungen zur Plasmasterilisation. Mit plasmadiagnostischen Verfahren wurden in einem eigens entwickelten Plasmareaktor (Bild 1) verschiedene Betriebsbedingungen und Gasmischungen getestet. Anhand mikrobiologischer Prüfmethoden, bei denen verschiedene polymere Materialien gezielt mit Mikroorganismen kontaminiert wurden, konnten die Randbedingungen für eine materialschonende und effektive Sterilisationswirkung ermittelt werden.

Plasma inaktiviert Mikroorganismen

A: vor Plasmasterilisation.
A: vor Plasmasterilisation.
Überprüfung des Sterilisationserfolges mit Bioindikatoren.
Bild 2: Überprüfung des Sterilisationserfolges mit Bioindikatoren. Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen der Endosporen von Bacillus atrophaeus. A: vor Plasmasterilisation, B: Abbau der Zellsubstanz nach Plasmasterilisation.

Wir konnten zeigen, dass hochresistente Endosporen verschiedener Bacillus-Arten schon nach relativ kurzen Behandlungszeiten im Plasma vermehrungsunfähig werden, ohne dass die Temperatur dabei nennenswert anstieg. Schon mit einem niedrigen Leistungseintrag von  einigen mW/cm2 konnte bereits nach drei Minuten Plasmabehandlung die Ausgangszellzahl in standardisierten Proben mit definierter Sporenzahl um mehr als sieben Zehnerpotenzen reduziert werden. Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen belegen einen signifikanten Abbau der Zellsubstanz nach Plasmabehandlung (Bild 2).

Plasma baut Pyrogene ab

Entpyrogenisierung von Bacillus-atrophaeus -Proben mit unterschiedlichen Behandlungszeiten und Leistungen im Niederdruckplasma.
Bild 3: Entpyrogenisierung von Bacillus-atrophaeus -Proben mit unterschiedlichen Behandlungszeiten und Leistungen im Niederdruckplasma.

Medizinische und medizintechnische Produkte wie chirurgische Instrumente, Implantatmaterialien und Katheter müssen zum einen steril – frei von lebenden Mikroorganismen – sein. Zusätzlich müssen sie auch frei von Pyrogenen sein, den Fieber erzeugenden Rückständen aus Pilzen oder Bakterien, die auch zu einer Blutvergiftung des Patienten führen können, wenn sie in die Blutbahn gelangen. Eine Plasmabehandlung dieser Materialien führt neben der sterilisierenden Wirkung auch zum Abtrag von Zellresten und -bestandteilen. Mit Hilfe verschiedener Methoden zum Nachweis von Pyrogenen konnten wir belegen, dass mit der Inaktivierung der Zellen im Plasma im Gegensatz zur Dampfsterilisation auch eine Entpyrogenisierung einhergeht (Bild 3).