AmmoRe – Rückgewinnung von Ammonium aus Abwasser

Aufbau der AmmoRe-Pilotanlage im Technikum am Fraunhofer IGB
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Aufbau der AmmoRe-Pilotanlage im Technikum am Fraunhofer IGB

Stickstoff (N) ist einer der Nährstoffe, der in hoher Konzentration im Wasser der Faulschlammentwässerung auf Kläranlagen enthalten ist. Konventionelle Kläranlagen setzen sehr viel Energie ein, um Stickstoff aus dem Abwasser zu entfernen – und ihn in einer für uns unbrauchbaren Form als molekularen Stickstoff (N2) in die Luft freizusetzen.

 

Innovatives Verfahren zur Elimination und Rückgewinnung von Stickstoff

Am Fraunhofer IGB untersuchen wir den Prozess der chemischen Transmembranabsorption als neues Verfahren, um Ammoniak aus Abwässern nicht nur zu entfernen, sondern vielmehr für den Einsatz als Düngemittel zurückzugewinnen. 

Unser Lösungsansatz zur Stickstoffrückgewinnung

Unser Ansatz besteht darin, Stickstoff im Abwasser durch einen Prozess der chemischen Transmembranabsorption (TransMembrane ChemiSorption, TMCS) als Düngemittel für den Einsatz in der Landwirtschaft zurückzugewinnen. Ammonium wird hierbei in Form einer Ammoniumsulfatlösung bereitgestellt.

Funktionsprinzip der chemischen Transmembranabsorption

Das Rückgewinnungsverfahren funktioniert nach dem Prinzip einer Gasabsorption mit Membrankontaktoren und zeichnet sich durch eine hohe Selektivität gegenüber Stickstoff aus. Hierzu ist es erforderlich, dass der Stickstoff im Wasser in gasförmiges Ammoniak (NH3) umgewandelt wird. Je höher der pH-Wert und die Temperatur des Abwassers, desto höher ist der Anteil an gasförmigem Ammoniak.

Eine hydrophobe Membran im Membrankontaktor hält den Flüssigkeitsstrom zurück, lässt aber gasförmiges Ammoniak durch ihre Poren auf die andere Seite der Membran passieren. Hier wird Ammoniak von einer absorbierenden Lösung, beispielsweise Schwefelsäure (H2SO4), absorbiert und somit direkt ein Düngemittel (NH4)2SO4 erzeugt.

Aufbau eines 3M™ Liqui-Cel™ Membrankontaktor-Moduls zur TransMembrane ChemiSorption (TMCS) in einer AmmoRe-Anlage
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Aufbau eines 3M™ Liqui-Cel™ Membrankontaktor-Moduls zur TransMembrane ChemiSorption (TMCS) in einer AmmoRe-Anlage

Vorteile

  • Hohe Selektivität der Membran gegenüber Stickstoff
  • Stickstoff wird als direkt in der Landwirtschaft einsetzbares Düngemittel zurückgewonnen: Ammoniumsulfatlösung

Unsere Entwicklung: AmmoRe-Pilotanlagen zum Demonstrationsbetrieb

Die AmmoRe-Pilotanlage besteht aus vier parallel angeordneten Hohlfasermembranmodulen, die derzeit rund 300 Liter Prozesswasser pro Stunde aufbereiten.
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Die AmmoRe-Pilotanlage besteht aus vier parallel angeordneten Hohlfasermembranmodulen, die derzeit rund 300 Liter Prozesswasser pro Stunde aufbereiten.

Nach Untersuchungen im Labormaßstab haben wir erste Pilotanlagen konstruiert und aufgebaut. 

Das AmmoRe-Verfahren wird aktuell in zwei Projekten im Pilotmaßstab demonstriert, um die Leistungsfähigkeit unter realen Bedingungen zu erproben und das Verfahren weiter optimieren zu können: 

  • RoKKa – Rohstoffquelle Klärschlamm und Klimaschutz auf Kläranlagen
  • Cométha – Innovationspartnerschaft von SIAAP und Syctom zur Behandlung organischer Abfälle und Klärschlämme im Großraum Paris

Eine Pilotanlage besteht aus vier parallel angeordneten Hohlfasermembranmodulen, die im derzeitigen Demonstrationsbetrieb rund 300 Liter Prozesswasser pro Stunde aufbereiten.

In der AmmoRe-Pilotanlage wird auf der Kläranlage Erbach im Projekt RoKKa Ammonium aus dem Schlammwasser als Ammoniumsulfatlösung zurückgewonnen.
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In der AmmoRe-Pilotanlage wird auf der Kläranlage Erbach im Projekt RoKKa Ammonium aus dem Schlammwasser als Ammoniumsulfatlösung zurückgewonnen.

Pilotierung auf der Kläranlage Erbach

Im Rahmen des vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg und der EU geförderten Projekts »RoKKa – Rohstoffquelle Klärschlamm und Klimaschutz auf Kläranlagen« wird das Verfahren aktuell auf der Kläranlage Erbach untersucht.

Die Pilotanlage arbeitet mit Betriebsparametern von pH 10 und 40°C, bei denen der Ammoniakanteil theoretisch bei etwa 95 Prozent liegt. Unter diesen Bedingungen konnten wir die Ammoniumkonzentration im Prozesswasser von 600 auf 65 mg/L reduzieren, was einer Ammoniumeliminierungsrate von 90 Prozent entspricht.

Nach den ersten Betriebsmonaten beträgt der Wasserdampftransport bei unserem Verfahren im Durchschnitt 29,7 L/h (0,15 L/m2/h). Verglichen mit Werten, die in ähnlich betriebenen Anlagen beobachtet werden, liegt dieser Wert in der gleichen Größenordnung oder sogar darunter.

 

Aktuelle Herausforderungen

Für einen breiten Einsatz optimieren wir das Verfahren derzeit. So erfordert der Prozess zum einen noch große Mengen an Chemikalien und Energie. Zudem ist die Konzentration des gewonnenen Produkts niedriger als bei handelsüblichen Düngemitteln.

Dies liegt daran, dass die hydrophoben Membranen neben Ammoniak auch andere Gase durchlassen – einschließlich Wasserdampf, der das Produkt verdünnt. Um die Ammoniumsulfatlösung so gering wie möglich durch den gleichzeitigen Transport von Wasserdampf zu verdünnen, testen wir die Anlage unter verschiedenen Betriebsbedingungen, z. B. niedrigen Temperaturen. Ziel ist es, die Betriebsparameter so einzustellen, dass einerseits der Wasserdampftransport verringert wird, andererseits die Ammonium-Rückgewinnungsrate noch ausreichend effektiv ist.

Einsatzgebiete

Das Verfahren ist auch für die Lebensmittelindustrie und die landwirtschaftliche Biogasproduktion geeignet, deren Abwässer reich an Ammonium und Phosphat sind.

Das Verfahren kann durch eine Prozessmodul zur Phosphorrückgewinnung, unser ePhos®-Verfahren, ergänzt werden, um auch Phosphate zurückzugewinnen.

Referenzprojekte

Oktober 2021 – Oktober 2024

RoKKa – Die Kläranlage als Bioraffinerie?

Das IGB entwickelt ein Konzept für die Umgestaltung von Kläranlagen hin zu Abwasser-Bioraffinerien mit Nutzung von Rest- und Abfallstoffen.

 

März 2018 – September 2026

Innovationspartnerschaft Cométha –

Erprobung von Technologien zur Co-Vergärung (organische Abfälle, Klärschlämme) und Nährstoffrückgewinnung im Großraum Paris