Gratulation zur Promotion

Erfolgreiche Doktorarbeit von Christina Hartwig: Zellfreie DNA als Biomarker für die Infektions- und Tumordiagnostik

Fraunhofer IGB Nachricht /

Mit der mündlichen Doktorprüfung schloss Christina Hartwig ihre Promotion an der Universität Stuttgart am 9. Oktober 2024 erfolgreich ab. Über drei Jahre hatte sie am Fraunhofer IGB in der Abteilung In-vitro-Diagnostik unter der Leitung von Dr. Kai Sohn an der Evaluierung molekularbiologischer Verfahren zur Analyse zellfreier DNA für die Infektions- und Tumordiagnostik geforscht. Bereits seit einem Jahr ist die Wissenschaftlerin als stellvertretende FuE-Leiterin einer Diagnostikfirma tätig.

Kai Sohn überreicht Christina Hartwig ihren Hut.
© Fraunhofer IGB
Kai Sohn überreicht Christina Hartwig ihren Hut.
Christina Hartwig nach ihrer erfolgreichen Promotion mit Hut und Blumenstrauß.
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Christina Hartwig nach ihrer erfolgreichen Promotion.

Bei verschiedenen klinischen Indikationen besteht aktuell großer Bedarf an einer gleichsam schnellen wie sensitiven Diagnostik. Sowohl in der Infektionsdiagnostik bei Sepsis als auch in der Diagnostik von Krebserkrankungen der Bauchspeicheldrüse und Gallenwege beispielsweise liefern die bisherigen Standardmethoden keine zufriedenstellenden Ergebnisse, sodass Patienten häufig zu spät eine adäquate Therapie erhalten.

Von Januar 2020 bis März 2023 forschte Christina Hartwig am Fraunhofer IGB in der Abteilung In-vitro-Diagnostik von Dr. Kai Sohn an ihrer Doktorarbeit »Etablierung und Evaluierung molekularbiologischer Verfahren zur Analyse zellfreier DNA für die Infektions- und Tumordiagnostik«.

Ziel der Doktorarbeit war es, die Eignung von zellfreier DNA (engl. cell-free DNA, cfDNA) für die Hochdurchsatzsequenzierung (engl. Next-Generation Sequencing, NGS) von mikrobiellen Sepsiserregern und pankreatobiliären Krebsformen zu charakterisieren. Diese DNA-Fragmente stammen aus abgebauten Zellen und zirkulieren – durch Bindung an Histone vor raschem enzymatischem Abbau geschützt – im Blut der Patienten. Das Team um Kai Sohn forscht seit mehreren Jahren an molekulardiagnostischen Verfahren, um DNA-Fragmente im Blut mittels Hochdurchsatzsequenzierung und bioinformatischen Algorithmen nachzuweisen und als Biomarker zu evaluieren.

Christina Hartwig konnte in ihrer Arbeit zeigen, dass sich cfDNA mit ihren verschiedenen Formen als Biomarker in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen hervorragend eignet.

Zum einen hat sie mikrobielle cfDNA für die Diagnostik von Pathogenen bei Sepsis untersucht. In einem Mausmodell bestimmte sie zunächst die DNA-Sequenzen, welche nicht vom Wirt (also der Maus) stammen, um die verbliebenen Sequenzen mit Datenbanken für Bakterien, Viren und Pilze abzugleichen und so cfDNA-Fragmente mikrobiellen Erregern zuordnen zu können. Erstmals untersuchte sie auch die Halbwertszeit der mikrobiellen cfDNA, indem sie die Erregerlast einzelner Mäuse über einen zeitlichen Verlauf beobachtete. Eine kurze Halbwertszeit ist für die Eignung als Biomarker wichtig, damit sich dieser nicht im Körper ansammelt und eine präzise Aussage über den tatsächlichen aktuellen Zustand erschwert oder verhindert.

Ihre Arbeit zeigte zudem, dass methylierte cfDNA eine sensitive und spezifische Diagnostik von pankreatobiliären Krebsformen wie Bauchspeicheldrüsenkrebs ermöglicht. Hierzu untersuchte sie cfDNA-Fragmente bioinformatisch auf typische Muster und griff unter anderem auch auf Methoden des Machine Learning zurück, um die differenziell methylierten Regionen zu identifizieren.

Die bisher wenig erforschte Klasse der kurzen doppelsträngigen cfDNA konnte sie erstmals als gänzlich neue Biomarkerklasse charakterisieren. Diese Fragmente sind kürzer als die anderen cfDNA-Fragmente, da sie nicht durch Histone, sondern durch (die kleineren) Transkriptionsfaktoren vor Abbau geschützt werden. Die bioinformatische Analyse der kurzen doppelsträngigen cfDNA, die Christina Hartwig vor allem zusammen mit ihrem Bioinformatik-Kollegen Jan Müller anging, erlaubt demnach Aussagen darüber, welche Gene aktiv waren – ohne den »Umweg« entsprechender Analysen auf mRNA- oder Protein-Ebene. Die konditionsspezifischen Transkriptionsfaktor-Footprints der kurzen doppelsträngigen cfDNA könnten somit in Zukunft in verschiedenen Forschungsbereichen und klinischen/diagnostischen Szenarien Anwendung finden.

Die Ergebnisse der kumulativen Doktorarbeit von Christina Hartwig haben zu folgenden Publikationen geführt:

  • Hartwig, C.; Drechsler, S.; Vainshtein, Y.; Maneth, M.; Schmitt, T.; Ehling-Schulz, M.; Osuchowski, M.; Sohn, K. From Gut to Blood: Spatial and Temporal Pathobiome Dynamics during Acute Abdominal Murine Sepsis. Microorganisms 2023, 11, doi:10.3390/microorganisms11030627.
  • Hartwig, C.; Müller, J.; Klett, H.; Kouhestani, D.; Mittelstädt, A.; Anthuber, A.; David, P.; Brunner, M.; Jacobsen, A.; Glanz, K.; et al. Discrimination of pancreato-biliary cancer and pancreatitis patients by non-invasive liquid biopsy. Mol. Cancer 2024, 23, 28, doi:10.1186/s12943-024-01943-x.
  • Müller, J.; Hartwig, C.; Sonntag, M.; Bitzer, L.; Adelmann, C.; Vainshtein, Y.; Glanz, K.; Decker, S.O.; Brenner, T.; Weber, G.F.; von Haeseler, A.; Sohn, K.; et al. A novel approach for in vivo DNA footprinting using short double-stranded cell-free DNA from plasma Genome Res. 2024, 20;34(8): 1185-1195, doi:10.1101/gr.279326.124.

Bereits seit Oktober 2023 ist Christina Hartwig als stellvertretende Leiterin der Forschung und Entwicklung bei der Firma gerbion GmbH & Co. KG tätig, die molekularbiologische In-vitro-Diagnostikkits, z. B. PCR-Tests, für Klinik, Human- und Veterinärmedizin herstellt.

Am 9. Oktober 2024 fand nun auch ihre Dissertation mit der mündlichen Prüfung bei Prof. Dr. Steffen Rupp als Doktorvater ihren erfolgreichen Abschluss.