Nachhaltige Elektrosynthese

Weltweit übersteigt die Stromerzeugung den Bedarf der meisten Industrieländer (EIA, 2016). Diese Überproduktion und die zeitlich schwankende Verfügbarkeit erneuerbarer Energie führen zur Notwendigkeit, neue Wege zur Speicherung überschüssiger elektrischer Energie zu finden. Daher konzentrieren sich unsere Arbeiten auf die Entwicklung nachhaltiger elektrochemischer Syntheseprozesse, bei denen erneuerbare elektrische Energie als Triebkraft für chemische Reaktionen genutzt und dadurch in der Form chemischer Bindungen gespeichert wird. Durch die Verwendung weithin verfügbarer erneuerbarer Rohstoffe wie Kohlenstoffdioxid, Wasser und Biomasse wollen wir eine wichtige Säule für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft etablieren.

Elektrochemische Fließzelle
Elektrochemische Durchflusszelle, mit der wir die Reduktion von CO2 zu Ameisensäure untersuchen

CO2‑Reduktion

Kohlenstoffdioxid (CO2) ist ein Spurengas in der Atmosphäre, dessen Konzentration durch menschengemachte Emissionen stetig zunimmt und die Durchschnittstemperatur der Erde ansteigen lässt. Um diesen klimaschädlichen Effekt abzuschwächen, können konventionell aus fossilen Rohstoffen produzierte Chemikalien durch erneuerbare Alternativen ersetzt werden.

CO2 kann elektrochemisch zu wertvollen Energieträgern und anderen nützlichen Rohstoffen wie Synthesegas (einer Mischung aus Kohlenstoffmonoxid (CO) und Wasserstoff), Ameisensäure und Ethylen reduziert werden. Zu diesem Zweck arbeiten wir an der Entwicklung von Elektrokatalysatoren und Verfahren für die elektrochemische Erzeugung verschiedener CO2‑Reduktionsprodukte.

 

Wasserstoffperoxid

Wasserstoffperoxid (H2O2) ist ein wichtiges chemisches Produkt, das in verschiedenen Industriezweigen in großen Mengen eingesetzt wird. Gegenwärtig wird H2O2 durch das Anthrachinon‑Autoxidationsverfahren (AO) hergestellt, das energieaufwendig ist und Umweltrisiken birgt. Die elektrochemische Herstellung von H2O2 bietet eine Alternative für die dezentrale Produktion von H2O2 am Ort des Bedarfs. Vor diesem Hintergrund arbeiten wir an der elektrochemischen Zwei‑Elektronen‑Oxidation von Wasser (H2O) zu H2O2, mit der wir eine hohe Effizienz und industriell relevante Konzentrationen erreichen.

Elektrokatalytische Konversion von CO2

Die direkte elektrokatalytische Reduktion von CO2 in einer elektrochemischen Zelle bietet eine attraktive Alternative zur thermokatalytischen Umsetzung mit Wasserstoff. Hierbei sind verschiedene Reduktionsprodukte möglich, wobei wir uns am Fraunhofer IGB auf die elektrokatalytische Synthese von Ameisensäure und deren Salzen konzentrieren.

 

Unsere Entwicklung: Elektrochemische Synthese mit Gasdiffusionselektroden

Für die elektrochemische Synthese von Ameisensäure und Formiatsalzen aus CO2 setzen wir mit verschiedenen Elektrokatalysatoren beschichtete Gasdiffusionselektroden ein. Unsere Forschung umspannt dabei sowohl die Formulierung der Katalysatoren als auch die Optimierung der Prozessbedingungen nach industriell relevanten Kriterien. So nutzen wir Flusszellen für eine kontinuierliche Prozessführung und arbeiten bei möglichst hohen Stromdichten. Ein wichtiger Zielparameter ist auch die Katalysatorstabilität. Je nach Anwendungszweck kommen verschiedene Zellkonzepte zum Einsatz.

 

Vorteile und Technologiereife

Die direkte elektrokatalytische Reduktion von CO2 bietet gegenüber der thermokatalytischen CO2-Konversion den Vorteil, dass kein Wasserstoff bereitgestellt werden muss. In der elektrokatalytischen Umsetzung erfolgt die Reduktion von CO2 durch Elektronenübertragung an der Elektrodenoberfläche. Ein chemisches Reduktionsmittel wird damit überflüssig, eine höhere Energieeffizienz möglich. Allerdings konkurrieren bei der elektrokatalytischen CO2-Reduktion mehrere Produktbildungspfade miteinander: Mögliche Reduktionsprodukte sind, neben Ameisensäure, u. a. Kohlenstoffmonoxid, Ethen und Methan. Eine weitere wichtige Nebenreaktion ist die Wasserstoffbildung. Da die meisten Nebenreaktionen in einem ähnlichen Potenzialfenster wie die Ameisensäurebildung ablaufen, kommt dem verwendeten Elektrokatalysator eine hohe Bedeutung zu, um die Reaktion entlang des gewünschten Reaktionsweges zu kanalisieren und damit die Ausbeute des Zielprodukts zu maximieren. Die elektrochemische Synthese von Ameisensäure befindet sich noch im Forschungsstadium, eine kommerzielle Anwendung ist bisher nicht erfolgt. Die Forschungslandschaft ist sehr dynamisch, verschiedene Zellkonzepte befinden sich in der Entwicklung.

Unsere Leistungen

  • Konzeptionelle Entwicklungen, Analytik und Charakterisierung zu elektrochemischen Synthesen
  • Entwicklung und Optimierung von Elektrokatalysatoren, Elektroden und Elektrolysezellen für eine Vielzahl von Anwendungen
  • Kunden- und anwendungsspezifische Prozess-, Technologie- und Prototypenentwicklung
  • Simulation und Modellierung
  • Scale up, Prozess- und Anlagendesign

Zusammenarbeit

Wir haben großes Interesse an der Kooperation mit Partnern aus der Materialentwicklung (Elektroden, Membranen) und der chemischen Industrie (Produktion oder Nutzung von Ameisensäure oder Formiatsalzen), ob im direkten Auftrag oder in gemeinsamen Forschungsprojekten. 

Publikationen

Referenzprojekte
CO2‑Reduktion

 

Januar 2021 – Dezember 2023

Fraunhofer-Leitprojekt »ShaPID«

Shaping the Future of Green Chemistry by Process Intensification and Digitalization

Aufgrund globaler Herausforderungen in Klimaschutz, Energie- und Ressourceneffizienz will die chemische Industrie ihre Produktionsprozesse defossilisieren und eine zirkuläre, treibhausgasneutrale Stoff- und Energiewandlung etablieren. Fraunhofer unterstützt bei dieser Transformation.

 

Januar 2018 – Dezember 2020

CO2EXIDE

CO2-basierte Elektrosynthese von Ethylenoxid

Ziel des Projekts ist die Etablierung eines elektrochemischen, energieeffizienten und nahezu CO2-neutralen Verfahrens zur Herstellung von Ethylen aus CO2, Wasser und erneuerbaren Energien. Einer der zentralen Schritte ist die Entwicklung eines neuartigen Elektrolyseurs, der eine gleichzeitige Reaktion auf Anode und Kathode ermöglicht, die energie- und ressourceneffizienter ist.

Referenzprojekte
Elektrosynthese von H2O2

 

Januar 2023 – Dezember 2026

POWER2HYPE

Elektrochemische Herstellung von Wasserstoffperoxid – Weiterentwicklung in internationalem Großprojekt

Wasserstoffperoxid (H2O2) ist ein umweltfreundliches Oxidationsmittel. Die klassische Herstellungsmethode ist teuer und nicht für eine dezentrale Anwendung geeignet. Im Projekt CO2EXIDE wurde bereits ein alternatives elektrochemisches Verfahren zur anodischen Oxidation in einer kontinuierlichen Fließzelle entwickelt. 

Weitere Referenzprojekte
Elektrosynthese mit biogenen Rohstoffen

ELEVATOR

NaPeMon