Reporterhaut-Modelle zur Untersuchung von Zellstressantworten

Wir bieten ein Portfolio an patentierten Reporterhaut-Modellen (EP 2 041 172) zum Nachweis von Zellstressantworten wie Inflammation, Sensibilisierung oder ER-Stress – das heißt Stress, der durch eine fehlerhafte Proteinfaltung im endoplasmatischen Retikulum (ER) ausgelöst wird. 

Diese in-vivo-nahen rekonstituierten Epidermis- und Vollhautmodelle mit intakter Hautbarriere basieren auf immortalisierten primären Keratinozyten, deren Einsatz eine hohe spenderunabhängige Reproduzierbarkeit garantiert. Die Aktivierung eines spezifischen zellulären Stresssignalwegs in diesen immortalisierten primären Keratinozyten kann über ein Reporter-Protein, das stabil über ein Reporter-Konstrukt in das Genom integriert wurde, schnell und einfach ausgelesen werden. So können gezielt sowohl hautschädigende als auch -regenerierende bzw. -schützende Substanzwirkungen identifiziert und bewertet werden: 

Reporterhaut-Modelle zum Nachweis von anti-/inflammatorischen Wirkungen

sind rekonstruierte Epidermis- und Vollhautmodelle basierend auf NF-kB-Reporter-Keratinozyten zur Bewertung des entzündungsauslösenden bzw. -hemmendes Potenzials von Substanzen über die Aktivierung des NF-kB Signalwegs.

Der Transkriptionsfaktor NF-kB induziert als zentraler Vermittler von Entzündungsreaktionen die Expression verschiedener entzündungsfördernder Gene und ist an der Regulierung von Inflammasomen beteiligt [KC1] .

Reporterhaut-Modelle zum Nachweis von sensibilisierenden und anti-/oxidativen Wirkungen

sind rekonstruierte Epidermis- und Vollhautmodelle basierend auf Nrf2-Reporter-Keratinozyten zur Bewertung des sensibilisierenden / oxidativen stressauslösenden Potenzials von Substanzen über die Aktivierung des Nrf2-Signalwegs.

Der Transkriptionsfaktor NRf2 spielt eine entscheidende Rolle als Hauptregulator bei der Aufrechterhaltung des zellulären Redox-Gleichgewichts in der adaptiven Reaktion auf oxidativen Stress, was zu einer Sensibilisierung gegenüber der stressauslösenden Substanz führen kann [He F, Ru X, Wen T. NRF2, a Transcription Factor for Stress Response and Beyond. Int J Mol Sci. 2020 Jul 6;21(13):4777. doi: 10.3390/ijms21134777] .

Reporterhaut-Modelle zum Nachweis von ER-Stress auslösenden Wirkungen

sind rekonstruierte Epidermis- und Vollhautmodelle, basierend auf Stresssensor-Keratinozyten zur Bewertung des ER-Stress auslösenden Potenzials von Substanzen über Aktivierung spezifischer Transkriptionsfaktoren, die maßgeblich am Zellstress beteiligt sind. ER-Stress entsteht durch die Ansammlung fehlerhaft gefalteter Proteine im endoplasmatischen Retikulum (ER) [Brooke M. Gardner, David Pincus, Katja Gotthardt, Ciara M. Gallagher and Peter Walter (2013) Endoplasmic Reticulum Stress Sensing in the Unfolded Protein Response, Perspectives in Biology, doi: 10.1101/cshperspect.a013169].

Schematische Darstellung der Funktionsweise der 3D In-vitro-Reporterhautmodelle, TF = Transkriptionsfaktor (erstellt mit BioRender.com)

Reporterhautmodelle: Aussagekräftiges Testsystem als Alternative zum Tierversuch

Herausforderung: Nachweis der Unbedenklichkeit von Kosmetika und Chemikalien

Um die Verbrauchersicherheit von neuen chemischen Stoffen – als Inhaltsstoff von Kosmetika, Reinigungsmitteln, Kleidung, Bioziden, Pflanzenschutzmitteln oder als Industriechemikalie – zu garantieren, muss ihre Unbedenklichkeit für den Menschen vor einer Marktzulassung nachgewiesen werden. In-vitro-Gewebemodelle, beispielsweise der Haut, eignen sich hierbei hervorragend, um Tierversuche zu ersetzen.

Unsere Entwicklung: 3D-Hautmodell mit Barrierefunktion

Mit unserer jahrzehntelangen Erfahrung in der Entwicklung und gezielten genetischen Modifikation humaner Zelllinien, der Etablierung humaner rekonstituierter 3-D-Hautmodelle und der Einhaltung höchster Qualitätsstandards, etablieren wir spezifische Reporterhaut-Modelle, die für verlässliche Testungen von Substanzen geeignet sind. Unsere Reporter-Keratinozyten bilden in vitro eine mehrschichtige Epidermis mit vollwertiger physiologischer Hautbarriere-Funktion und zeigen eine einzigartige Übereinstimmung charakteristischer Differenzierungsmarker der Modelle mit nativer humaner Haut.

© Fraunhofer IGB
Der histologische Gewebedünnschnitt eines Reporter-Epidermismodells zeigt einen in- vivo-ähnlichen Hautaufbau mit Stratum corneum, Stratum granulosum, Stratum spinosum und Stratum basale.

 

Alleinstellungsmerkmal: Präzise Ergebnisse am lebenden Gewebe

Reporterhaut-Modelle eignen sich, um sofort und am lebenden Gewebe präzise Ergebnisse bei der Testung unterschiedlicher Substanzen zu erhalten. Über genetische Modifikation der Hautzellen können wir mit unterschiedlichen Reporterhaut-Modellen zwischen den wichtigsten Zellstressantworten wie Inflammation, Sensibilisierung bzw. oxidativem Stress oder ER-Stress unterscheiden.

Ob ein chemischer Stoff menschliche Hautzellen schädigt, wird mittels eines ins Kulturmedium sekretierten Reporter-Proteins, welches über die jeweilige zelluläre Signalkaskade aktiviert wurde, sichtbar gemacht und kann so schnell und einfach und quantitativ ausgelesen werden. Hierzu ist die Entnahme einiger Mikroliter des Kultivierungsmedium und die Zugabe eines geeigneten Substrates ausreichend. 

 

Weitere Vorteile unserer patentierten Reporterhaut-Modelle

  • Sie sind durch die Anwendung immortalisierte primäre Zellen spenderunabhängig reproduzierbar und stehen jederzeit bereit,
  • erlauben eine Untersuchung und ein Vergleich von Substanzen in systemischer und topischer Applikation,
  • erlauben aufgrund eines ins Kulturmedium sekretierten Reporter-Proteins eine mehrfache Probenahme und eignen sich so zu Untersuchungen des zeitlichen Verlaufs der Signalwegaktivierung,
  • ermöglichen realistischere Expositionsszenarien, da die zu testende Substanz direkt auf die Hautbarriere aufgegeben werden kann, womit auch die Testung wasserunlöslicher, viskoser oder (halb-)fester Substanzen und die Bewertung von Mischungen von Substanzen mit unterschiedlichen Hautpenetrationseigenschaften möglich wird,
  • ermöglichen zeitgleich in demselben Modell, das Hautstresspotenzial über die Aktivierung verschiedener zellulärer Stresssignalwege, die Zytotoxizität und die Hautpenetration einer Substanz zu untersuchen,
  • sind ohne Medienzusätze tierischen Ursprungs kultivierbar, und
  • erlauben Untersuchungen mit wiederholter Substanzapplikation.

 

Spezifische und quantifizierbare Expression des Reporter-Gens in 3-D- Reporter-Epidermismodellen mit intakter Hautbarriere nach Aktivierung zellulärer Signalwege durch Testsubstanzen mit zellschädigenden Eigenschaften. Die Expression des Reporter-Gens wurde durch systemisch applizierte chemische Stoffe induziert und über spezifischen Substratumsatz quantifiziert.
Das Diagramm zeigt: Pam2CSK4 zeigt über die Induktion des NF-Kappa-B Signalwegs bei topischer Applikation keine entzündungsauslösenden Eigenschaften, wohingegen eine systemische Applikation zu deutlichen Reaktionen führt. Pam2CSK4 wirkt somit entzündungsauslösend, kann aber nicht die Hautbarriere durchdringen.
© Fraunhofer IGB
Pam2CSK4 zeigt über die Induktion des NF-Kappa-B Signalwegs bei topischer Applikation keine entzündungsauslösenden Eigenschaften, wohingegen eine systemische Applikation zu deutlichen Reaktionen führt. Pam2CSK4 wirkt somit entzündungsauslösend, kann aber nicht die Hautbarriere durchdringen.
Trans-Zimtaldehyd zeigt über die Induktion des Nrf2- Signalwegs sowohl bei topischer als auch systemischer Applikation deutliche sensibilisierende Eigenschaften. Trans-Zimtaldehyd wirkt sensibilisieren und ist zudem in der Lage die Haubarriere zu durchdringen.
© Fraunhofer IGB
Trans-Zimtaldehyd zeigt über die Induktion des Nrf2- Signalwegs sowohl bei topischer als auch systemischer Applikation deutliche sensibilisierende Eigenschaften. Trans-Zimtaldehyd wirkt sensibilisieren und ist zudem in der Lage die Haubarriere zu durchdringen.

Einsatzgebiete

Unsere Reporterhaut-Modelle eignen sich als konsequente Lösung zur Vermeidung und Reduzierung von Tierversuchen, zur Risikobewertung chemischer Stoffe und mit der Haut in Kontakt kommender Produkte sowie für die biomedizinische Forschung, um

  • Wirksamkeitsuntersuchungen in der präklinischen Entwicklung von Pharmazeutika durchzuführen, beispielsweise zur Testung von Substanzen mit anti-inflammatorischen oder hautberuhigenden Wirkungen,
  • Hautschädigende Wirkungen chemischer Stoffe als Inhaltsstoff von Kosmetika, Reinigungsmitteln, Kleidung, Bioziden, Pflanzenschutzmitteln oder als Industriechemikalie zu untersuchen und
  • Hautschädigendes Potenzial von formulierten chemischen Substanzen und Produkten wie Kosmetika, Pflege- und Reinigungsmitteln etc. zu bewerten. 

Leistungsangebot

Wir bieten eine Vielzahl an Dienstleistungen rund um unsere Reporterhaut-Modelle, die wir in modernen Laboren im Auftrag und in enger Zusammenarbeit mit und für unsere Kunden durchführen:

  • Durchführung von Studien sowie Substanz- und Produktscreenings,
  • Entwicklung innovativer Reporterhaut-Modelle einschließlich
    • Isolation von primären Zellen
    • Herstellung von genetisch modifizierten Zelllinien (stabil und transient)
    • Reporter-Zelllinien mit unterschiedlichen intrazellulären und sekretierten Reportern
    • 3-D-Geweberekonstitution
    • Phänotypische und funktionelle Charakterisierung von Modellen
  • Versand von Reporterhaut-Modellen

 

Analysemethoden

Unsere Reporterhautmodelle ermöglichen die Untersuchung von hautschädigenden Wirkungen chemischer Stoffe und mit der Haut in Kontakt kommender Produkte auf die Aktivierung von mit Hautstress assoziierten molekularen Signalkaskaden und die Gewebearchitektur. Die Analysen können sowohl an Epidermismodellen, am gesamten Vollhautmodell als auch getrennt in Dermis und Epidermis durchgeführt werden.

 

Wir bieten die folgenden Analysemethoden an:

  • Analyse und Quantifizierung sekretierter Reporter-Proteine im Kulturmedium als Maß für Zellstressantworten
  • Vitalitätsmessungen beispielsweise mittels MTT Test (kolorimetrischer Test), alamarBlueTM ...
  • Multiplex-Analyse zur Detektion und Quantifizierung sekretierter Proteine wie z. B. Zytokine, Chemokine, Wachstumsfaktoren und antimikrobieller Peptide
  • Histologische und immunohistochemische Färbungen an Gewebedünnschnitten
  •  Proteinanalysen mittels Western Blot
  • RNA- und DNA-Analysen mittels PCR bzw. qPCR und Sequenzierung

Publikationen

Brandmair K, Dising D, Finkelmeier D, Schepky A, Kuehnl J, Ebmeyer J, Burger-Kentischer A (2024) A novel three-dimensional Nrf2 reporter epidermis model for skin sensitization assessment. Toxicology. 2024 Mar;503:153743. doi: 10.1016/j.tox.2024.153743.

Referenzprojekt und Infomaterial

imSAVAR –

Immune Safety Avatar: Modellsysteme für die nicht-klinische Evaluierung immunmodulierender Therapeutika

 

Im Projekt imSAVAR entwickelt ein interdisziplinäres EU‑Konsortium innovative Modellsysteme, um Nebenwirkungen immunmodulierender Therapeutika auf das Immunsystem identifizieren und neue Biomarker für die Diagnose und Prognose entwickeln zu können. Das Fraunhofer IGB entwickelt neuartige immunkompetente In‑vitro‑Modelle auf der Basis von Organ‑on‑Chip‑Systemen sowie zellbasierte Reportergenassays mit Rezeptoren des Immunsystems und ist darüber hinaus im Projektmanagement involviert.

 

Laufzeit: Dezember 2019  – November 2025

 

Produktblatt Reporterhaut (Englisch)