Laserdruck-Polymerpartikel für Biomaterialanwendungen

Herausforderung Herstellung zellkompatibler 3D-Objekte

Die Elektrofotografie hat sich zu einer der führenden digitalen Technologien im Grafikdruck entwickelt. Das Verfahren, das ebenfalls mit den Begriffen Xerografie und Laserdruck bezeichnet wird, bietet die Möglichkeit, verschiedene verschiedenfarbige Tonerpartikel mit hoher Auflösung anzuordnen und so ein Papiersubstrat individuell zu gestalten. Allerdings beschränkt sich das Druckverfahren zurzeit weitgehend auf eine zweidimensionale (2D) Anwendung, obwohl der hohe Feststoffgehalt von Tonerpartikeln eine gute Voraussetzung für den schnellen Aufbau dreidimensionaler (3D) Objekte darstellt. Erste kommerzielle 3D-Laserdruckanwendungen zielen auf die Fertigung einfacher Formteile. Der schichtweise 3D-Laserdruck von zytokompatiblen Objekten wie künstlichen Adern oder anderen tubulären Strukturen stellt jedoch eine besondere Herausforderung dar.

Fixierung durch chemische Reaktion der Tonerpartikel

Tubuläre Strukturen werden erzeugt, indem die aus nicht fixierten Partikeln bestehende Stützstruktur nach dem Druck entfernt wird. Die Matrixstruktur verleiht dem 3D-Objekt auch danach Stabilität.
Tubuläre Strukturen werden erzeugt, indem die aus nicht fixierten Partikeln bestehende Stützstruktur nach dem Druck entfernt wird. Die Matrixstruktur verleiht dem 3D-Objekt auch danach Stabilität.

Am Fraunhofer IGB und am Institut für Grenzflächenverfahrenstechnik und Plasmatechnologie IGVP der Universität Stuttgart wird ein neues Verfahren untersucht, bei dem die Verwendung unterschiedlicher Tonerkomponenten gewährleistet, dass die räumliche Anordnung auch komplexer Strukturen erhalten bleibt. Hierzu wird die Struktur zunächst als dreidimensionaler Block schichtweise gedruckt. Nach jedem Partikelauftrag erfolgt anstelle der konventionellen Schmelzfixierung eine chemische Reaktion an den zu fixierenden Partikeloberflächen. Die Stabilität der 3D-Objekte beruht auf der Bildung von kovalenten Bindungen und erfordert kein vollständiges Aufschmelzen der einzelnen Partikel. Die komplexe Objektgeometrie wird durch Stützmaterial erzeugt, das aus einer nicht vernetzbaren Tonerkomponente besteht und nach dem Druck selektiv entfernt werden kann. Danach wird die Stabilität poröser oder tubulärer Strukturen, die als Trägermaterialien beispielsweise im Tissue Engineering erforderlich sind, durch die Gegenwart eines stabilen Matrixmaterials sichergestellt.

Optimierte Glasübergangstemperatur und Partikelgröße

Über Suspensionspolymerisation erzeugte sphärische Polymethylmethacrylat-Tonerpartikel.
Über Suspensionspolymerisation erzeugte sphärische Polymethylmethacrylat-Tonerpartikel.

Laserdrucker funktionieren gerätebedingt sehr gut mit Partikeln in einem Größenbereich zwischen 3 µm und 30 µm sowie mit Polymeren mit Erweichungstemperaturen unterhalb von 110 °C. Tonerpartikel, die sich für eine Anwendung als Biomaterial eignen, stellen wir aus Polymethylmethacrylaten (PMMA) her. Durch die Wahl der Comonomer-Zusammensetzung kann die Glasübergangstemperatur der amorphen Polymethylmethacrylate über einen großen Temperaturbereich zwischen –48 °C und 110 °C variiert werden. Geringe Reaktionstemperaturen von 20 °C führen innerhalb von 24 Stunden zu sphärischen Polymethylmethacrylatpartikeln, die eine vergleichsweise geringe Glasübergangstemperatur von ca. 40 °C aufweisen. Der kontrollierbare Glaspunkt ermöglicht es, die Sintertemperatur so zu optimieren, dass eine hohe Anzahl an kovalenten Bindungen während der dreidimensionalen Fixierung der Polymerpartikel erreicht werden kann. Die kovalenten Bindungen zwischen den Polymerketten verhindern den Aufbau einer Solvathülle, während die nicht-vernetzten Polymerpartikel selektiv aufgelöst werden können. Diese eignen sich daher als entfernbares Stützmaterial von porösen und tubulären Strukturen im 3D-Druck. Die gewünschte Partikelgröße kann zwischen 3 μm und 30 μm durch eine UV-initiierte Suspensionspolymerisation sehr genau eingestellt werden.

Modifizierung der Partikeloberfläche mit Klickchemie

Laserdruck-Polymerpartikel.
Laserdruck-Polymerpartikel.
Lasermikroskopaufnahme der Fluoresceinamin-funktionalisierten Partikeloberflächen.
Konfokale Lasermikroskopaufnahme der Fluoresceinamin-funktionalisierten Partikeloberflächen. Die Überlagerung der zweidimensionalen Bildebenen ermöglicht eine dreidimensionale Abbildung der funktionalisierten Partikel. Maßstab: x-Achse = 27,5 μm, y-Achse = 27,5 μm und z-Achse = 3,5 μm.

Die Modifizierung der Polymethylmethacrylat-Oberflächen erfolgt mithilfe von polymeranalogen Umsetzungen. Dabei bleiben die Hauptketten der Polymeroberfläche unverändert, während die Seitengruppen chemisch modifiziert werden.

Die aktivierte Oberfläche ermöglicht eine weitergehende Funktionalisierung der Tonerpartikel mit Klickfunktionen wie Thiol-, Azid- und Alkingruppen, die für eine chemische 3D-Fixierung durch die Thiol-In-Reaktion oder die 1,3-dipolare Cycloaddition zur Verfügung stehen.

Die Abbildungen zeigen die erfolgreiche Funktionalisierung der Tonerpartikel anhand der spezifischen Anbindung eines fluoreszierenden Farbstoffs: Mittels konfokaler Lasermikroskopie kann der Farbstoff ausschließlich an der hydrolysierten Partikeloberfläche nachgewiesen werden, während im Partikelinneren keine Emission detektiert wird (Abb. links, oben). Die Überlagerung verschiedener zweidimensionaler Bildebenen ermöglicht es, die fluoreszierenden Partikeloberflächen dreidimensional darzustellen (Abb. links, unten).

Anwendung als Biomaterial und Ausblick

Um zu überprüfen, ob sich die hergestellten Polymertonerpartikel als Trägermaterial für das Tissue Engineering eignen, haben wir die Zytokompatibilität der Partikel gegenüber humanen Fibroblasten und Keratinozyten untersucht. Die Zellen wiesen auf allen Polymeren mit einem Glaspunkt über der Raumtemperatur eine hohe Viabilität auf, die mit dem Wachstum auf kommerziellen Zellkulturschalen vergleichbar ist. Die Funktionalisierung der Oberflächen führt zu einer gesteigerten Zellproliferation, die bis zu 178 Prozent gegenüber dem Referenzmaterial beträgt. Druckversuche mit dem oberflächenfunktionalisierten Tonermaterial wurden mit einem elektrofotografischen Drucker beim Projektpartner Fraunhofer IPA erfolgreich durchgeführt. Mit den bis jetzt erarbeiteten Partikelsystemen ist es uns möglich, reaktive Strukturen auf ebenen Substraten zu drucken, um so Materialien zu verbinden, die nicht ohne weiteres zusammenhaften.

Literatur

[1] Speyerer, C.; Güttler, S.; Borchers, K.; Tovar, G.; Hirth, T.; Weber A., Surface Functionalization of Toner Particles for the Assembly of Three-Dimensional Objects via Click Chemistry. Chemie Ingenieur Technik 2012, 84: 322-327

[2] Speyerer, C.; Borchers, K.; Hirth, T.; Tovar, G. T. M.; Weber, A., Surface etching of methacrylic microparticles via basic hydrolysis and introduction of functional groups for click chemistry. Journal of Colloid and Interface Science 2013, 397: 185-191

Förderung

Wir danken der VolkswagenStiftung und dem FCI – Fonds der Chemischen Industrie für die Förderung der Forschungsarbeiten.

Projektpartner

  • Fraunhofer IPA, Stuttgart
  • IGVP, Universität Stuttgart