Nachrüstung von Kläranlagen: Spezifische Analyse spart enorme Kosten
Seit der Verschärfung der Grenzwerte für die Stickstoff- und Phosphorbelastung in Kläranlagen, müssen manche Kommunen enorme Kosten für eine Erweiterung ihrer Becken aufwenden. Dabei lassen sich gleiche Ablaufwerte auch um ein vielfaches günstiger erzielen, wenn Betriebstagebücher genau überprüft und statistisch ausgewertet und Anlagen individuell untersucht und nachgerüstet werden.
Ältere Kläranlagen wurden für einen Abbau der sogenannten organischen Fracht – von organisch gebundenem Kohlenstoff – konzipiert. Zu schaffen machen der kommunalen Abwasserreinigung aber insbesondere die Elemente Stickstoff und Phosphor, die ebenfalls in vielen organischen Substanzen enthalten sind. Als Nährstoffe bringen sie – wenn im Übermaß vorhanden – Seen zum »umkippen« und verursachen die Algenblüte der Meere. Deshalb müssen mittlerweile sowohl Stickstoff als auch Phosphor bereits im örtlichen Klärwerk beseitigt werden. Dies erfordert in der Regel eine kostspielige Erweiterung der Kläranlagen um spezielle Nitrifzierungs- und Denitrifizierungsbecken – in Zeiten leerer öffentlicher Kassen ein Problem.
Eine ebenso wirksame aber ungleich günstigere Vorgehensweise haben nun Ingenieure am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart entwickelt. »Wir werten im Vorfeld sorgfältig die in jedem Klärwerk vorhandenen Betriebstagebücher aus und führen zusätzlich ein spezifisches Meßprogramm durch, mit dem wir die Leistungsfähigkeit der Anlage bestimmen könne«, erläutert Projektleiter Dr. Werner Sternad. So wird für jede Kläranlage der Istzustand genau analysiert und eine individuelle Lösung entwickelt, denn die beeinflussenden Faktoren variieren von Anlage zu Anlage.
Wie effektiv diese Vorgehensweise sein kann, zeigt das Beispiel der Stadt Tauberbischofsheim, der zur Erreichung der vorgeschriebenen Ablaufwerte eine Erweiterung von 20 Millionen DM vorgeschlagen worden war. Ein Vergleich der auf diese herkömmliche Art erstellten Daten mit eigenen, genaueren und statistisch relevanten Auswertungen vorhandener Meßwerte, zeigte eindeutig: Nur die genaue Analyse gewährleistet, daß Kläranlagen nicht zu groß für die zu bewältigenden Frachten ausgelegt werden. Die Fraunhofer-Forscher führten bei verschiedenen Betriebsbedin-gungen eigene Messungen am Belebungsbecken durch. »Wir fanden heraus, daß bei ausreichender Belüftung der Becken die vorhandene Anlage in der Lage war, Ammonium-Stickstoff vollständig zu Nitrat umzuwandeln«. Auf ein zusätzliches Nitrifizierungsbecken konnte die Kommune demnach verzichten. Zusätzlich wurde eine vorgeschaltete Denitrifizierung eingebaut, und zwar in einem Teil des überdimensionierten Vorklärungsbeckens. Dieses stufenweise Vorgehen sparte viele Millionen DM.