BioSurf – Neue Produktionsstrategie für Biotenside

Tenside sind ein integraler Bestandteil unseres täglichen Lebens mit Anwendungen, die von Wasch- und Reinigungsmitteln bis hin zu Zusätzen in der Lebensmittelproduktion oder sogar bei der Erdölförderung reichen. Jährlich werden etwa 18 Millionen Tonnen Tenside produziert, zumeist auf chemischem Weg und auf Basis von Erdöl. Ein Viertel wird mittlerweile aus den Ölen nachwachsender Rohstoffe hergestellt, in der Regel Kokos- oder Palmkernöl.

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Biotenside – oberflächenaktive Substanzen aus Mikroorganismen

Cells of smut fungus Ustilago maydis
© Fraunhofer IGB
Cellobiose-Lipide.

Auch Mikroorganismen produzieren oberflächenaktive Substanzen, Biotenside genannt. Nur wenige dieser Biotenside werden bereits industriell produziert, denn ihre Herstellung ist noch vergleichsweise kostenintensiv. Im Projekt BioSurf koordiniert das Fraunhofer IGB ein über das im Programm »ERA-NET Industrial Biotechnology« gefördertes Konsortium von sieben Partnern, welche die Entwicklung neuer kosteneffizienter Verfahren für die mikrobielle und enzymatische Herstellung von Biotensiden vorantreiben. Dabei werden sowohl neue Enzyme für die biotechnologische Synthese von Tensiden entwickelt wie auch Mikroorganismen selektiert, insbesondere Pilze der Gattung Pseudozyma, und mit molekularbiologischen Methoden optimiert. Ziel dabei ist es, die Tensidwirkung der neuen Biotenside zu optimieren und ihre Produktion effizienter zu gestalten.

Vorteile von Biotensiden

Im Vergleich zu herkömmlich hergestellten Tensiden aus Erdölrohstoffen sind Biotenside bei häufig besseren Tensideigenschaften nur wenig toxisch, biokompatibel und biologisch abbaubar. Sie können zudem eine komplexere Struktur aufweisen und besitzen damit ein größeres Wirkungsspektrum. Viele Biotenside wirken antimikrobiell, was sie als Bestandteil von Reinigungsmitteln für die Haut interessant macht. Einige Biotenside sind gute Schaumbildner und binden Schmutz, weshalb sie in Duschgels, Shampoos oder Handspülmitteln vorkommen. Bioaktive Wirkungen auf menschliche Zellen machen Biotenside auch für den pharmazeutischen Bereich interessant.

Fermentative Synthese von Cellobioselipiden im 1-L-Bioreaktor.
Fermentative Synthese von Cellobioselipiden im 1-L-Bioreaktor.
Mannosylerythritollipide (MEL) setzen sich bei hohen Produktkonzentrationen als ölartige Perlen ab.
Mannosylerythritollipide (MEL) setzen sich bei hohen Produktkonzentrationen als ölartige Perlen ab.

Optimierte Fermentation für Glykolipide

Innerhalb des Fraunhofer IGB fokussieren wir insbesondere auf die Entwicklung neuer Fermentationsverfahren für die Produktion von Mannosylerythritollipiden (MEL) und Cellobioselipiden (CL) aus Pseudozyma-Spezies. Des Weiteren wird die Strukturoptimierung der Glykolipide im Anschluss an die Fermentation untersucht, beispielsweise über Enzyme. Wichtige Parameter für den Fermentationsprozess sind optimierte Wachstumsbedingungen und eine hohe Produktbildungsrate. Außerdem soll die gewünschte Produktzusammensetzung mit möglichst wenig Verunreinigungen und Nebenprodukten erzielt werden. Hier versuchen wir, auch mittels Metabolic Engineering, das Produktspektrum der Mikroorganismen wie auch die Fermentationsbedingungen zu optimieren. Eine weitere Herausforderung ist die wirtschaftliche Aufarbeitung der Substanzen aus der Fermentationsbrühe. Viele Tenside sind zudem Schaumbildner, was den Fermentationsprozess stören kann und folglich kontrolliert werden muss.

 

Biotensid-Varianten für Anwendungstests

Die MEL und CL werden je nach verwendetem Mikroorganismus in unterschiedlichen Varianten gebildet. Um möglichst viele dieser Varianten isolieren zu können, wurden bislang 11 Stämme auf ihr Produktspektrum untersucht. Gegenwärtig produzieren wir Mustersubstanzen von MEL und CL in kleinerem Maßstab für Anwendungstests innerhalb des Konsortiums. Dabei werden Produktkonzentrationen für MELs bis 100 g/L und für CL bis 33 g/L erzielt.

 

Enzymatische Optimierung und Metabolic Engineering

Zur Erzeugung weiterer Tensid-Varianten wurde ein von P. aphidis produziertes MEL-Gemisch mithilfe einer Lipase deacetyliert und das so erhaltene Produkt auf seine Tensidwirkung getestet. Auch von Cellobioselipiden wurden verschiedene Strukturvarianten mit veränderten Tensideigenschaften hergestellt. Über genomweite Untersuchungen eines besonders effizienten MEL-Produzenten mittels Parallelsequenzierungsverfahren konnten wir die für die MEL-Biosynthese notwendigen Gene identifizieren. Diese dienen nun als Blaupause für das Metabolic Engineering des Stammes mit dem Ziel, MEL-Varianten mit maßgeschneiderten Eigenschaften zu erhalten.

Zukünftige Arbeiten fokussieren auf die Maßstabsübertragung (Scale-up) der Fermentationsverfahren bis in den Kubikmeter-Maßstab und die entsprechenden Aufarbeitungsverfahren.

Literatur

Günther, M.; Zibek, S. ; Hirth, T. ; Rupp, S. (2010) Synthese und Optimierung von Cellobioselipiden und Mannosylerythritollipiden. Chem. Ing. Tech. 82: 1215-1221

Projektinformationen

Projekttitel

BioSurf – Neue Produktionsstrategie für Biotenside

 

Projektlaufzeit

2011 – 2014

 

Projektpartner

  • Karlsruher Institut für Technologie KIT, Karlsruhe
  • c-LEcta GmbH, Leipzig
  • Flemish Institute for Technological Research, Mol, Belgien
  • Tormans Engineering Noord BVBA, Geel, Belgien
  • Ecover Belgium NV, Malle, Belgien
  • LISBP,Toulouse, Frankreich

Förderung

Wir danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung für die Förderung des Projekts »BioSurf – Novel Production Strategies for Biosurfactants« im ERA-NET Industrial Biotechnology 2nd Joint Call (ERA-IB), Förderkennzeichen 0315928A, ERA-IB10.039.

Bundesministerium für Bildung und Forschung.