Oberflächenaktiven Molekülen wie Tensiden begegnen wir täglich, etwa bei Reinigungsmitteln oder Körperpflegeprodukten. Darüber hinaus werden sie als Emulgatoren, in Pestiziden als Dispergierungsmittel mit antimikrobiellen Eigenschaften und in einer Vielzahl von weiteren industriellen Prozessen verwendet. Die weltweite Nachfrage nach oberflächenaktiven Verbindungen steigt deshalb kontinuierlich an. Aufgrund des erhöhten Umweltbewusstseins der Verbraucher und gesetzlicher Anforderungen sind entsprechende Produkte mit vermindertem »Carbon Footprint« und vollständiger biologischer Abbaubarkeit sehr gefragt. Dies erfordert die Einführung von neuen Verbindungen und Produktionsprozessen auf Basis nachwachsender Rohstoffe.
Biotenside als nachhaltige Alternative
Synthetische Tenside auf Basis von Pflanzenölen und Stärke wie die Alkylpolyglycoside (APG) haben hierbei einen stetig steigenden Marktanteil. Nichtsdestotrotz hat die chemische Synthese der APGs Nachteile. Für die Herstellung der APGs sind kurzkettige Fettsäuren als Rohstoff notwendig, wie sie in tropischen Pflanzenölen wie Kokos- oder Palmkernöl vorkommen. Die Produktion dieser tropischen Öle ist derzeit Teil einer kontroversen Diskussion. Über die Auswirkungen der Brandrodungen für die Etablierung entsprechender Plantagen wurde erst kürzlich in den Hauptnachrichten der öffentlich-rechtlichen und privaten Sendeanstalten berichtet. Darüber hinaus kann die chemische Synthese zu Gemischen verschiedener Oligomere und Anomere führen.
Die biotechnologische Herstellung von mikrobiellen und enzymatisch hergestellten Biotensiden ist eine attraktive Alternative. Durch zusätzliche Funktionalitäten können über Biotenside, z. B. Glycolipide, neue Eigenschaften in Produkte eingebracht werden, die zusätzliche Vorteile für die Verbraucher bedeuten. So wurden für Cellobioselipide (CL) konservierende und für Mannosylerythritollipide (MEL) entzündungshemmende und wundheilungsfördernde Eigenschaften festgestellt. Ungeachtet dieser Tatsachen ist ihre Produktion im kommerziellen Maßstab nur in sehr wenigen Fällen realisiert worden, vor allem aufgrund der höheren Kosten, und ist bis jetzt meist auf Nischenanwendungen beschränkt.
Hauptziel von SurfGlyco ist es daher, mikrobiell und enzymatisch hergestellt Biotenside in größerem Umfang als bisher an den Markt zu bringen und die Lücke zwischen Forschung und Anwendung zu überbrücken. Um dies zu erreichen, wird SurfGlyco im Wesentlichen zwei Vorgehensweisen zu grüneren, oberflächenaktiven Verbindungen verfolgen: Die enzymatische und fermentative Produktion von Glycolipiden. In diesem Rahmen werden am Fraunhofer IGB Produktionsstrategien für die Herstellung von maßgeschneiderten Biotensiden mit den entsprechenden Biokatalysatoren entwickeln.