Therapiebegleitende Diagnostik von Brustkrebs mit DNA-Chips

Mammakarzinome – bösartige Zellvermehrungen in der Brust – gelten hierzulande als häufigste Krebserkrankung bei Frauen. In den westlichen Industrieländern erkrankt etwa jede zehnte Frau im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Die Krankheit besitzt mit 45 000 Neuerkrankungen und 18 000 Todesfällen pro Jahr in Deutschland nicht nur für alle Patientinnen eine erhebliche Bedeutung, sondern betrifft auch die Ausgaben im Gesundheitswesen.

Verbundforschungsprojekt: Entwicklung von Diagnostiksysteme

Die Tumorentstehung ist ein vielstufiger Prozess, an dem mehrere zelluläre Signalwege beteiligt sind. Seit Mitte 2002 arbeiten Wissenschaftler des Fraunhofer IGB in einer von der Landesstiftung Baden-Württemberg geförderten Forschungskooperation gemeinsam mit dem Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart sowie den Universitäten Tübingen und Stuttgart an der molekularen Analyse von Brustkrebstumoren. Der Schwerpunkt der Arbeiten des Fraunhofer IGB liegt darauf, DNA-Biochips für eine individuelle Brustkrebsdiagnose zu entwickeln.

Die gegenwärtige Diagnostik des Mammakarzinoms beinhaltet in der Regel das Ertasten von Knoten in der Brust, die durch bildgebende Verfahren weiter untersucht werden. Bei fortbestehendem Krebsverdacht wird das entartete Gewebe meist operativ entfernt und untersucht. Es ist bekannt, dass histopathologisch identische Tumoren bei gleicher Therapie unterschiedliche klinische Verläufe zeigen können. Deshalb wird dringend eine weitere differenzierte Diagnose benötigt, um die Therapie zu optimieren. Die Erstellung individueller Tumorporträts auf Basis von Biochips kann ein geeignetes Mittel sein.

Verbesserte Brustkrebsdiagnostik: DNA-Biochips

Ausschnitt aus dem DNA-Chip zur therapiebegleitenden Diagnose von Brustkrebs.
Bild 1: Ausschnitt aus dem DNA-Chip zur therapiebegleitenden Diagnose von Brustkrebs.

Aufgrund der seit Jahren vorhandenen Expertise werden am Fraunhofer IGB in enger Abstimmung mit den Kooperationspartnern DNA-Microarrays entwickelt und für den Einsatz in der klinischen Routinediagnostik erprobt. Es werden relevante Gene ausgewählt, Tumorproben untersucht und die Qualität der Biochips kontrolliert. Die Projektarbeiten konzentrieren sich weiterhin darauf, die Sensitivität der Technologie zu erhöhen, um auch geringe Mengen Patientenmaterial, wie beispielsweise aus Biopsien, zuverlässig analysieren zu können. Hierzu gehört auch die Etablierung von Verfahren zur RNA-Amplifikation sowie zur Isolierung von RNA aus Paraffin- Gewebeblöcken.

Design und Qualitätskontrolle der Microarrays

Der am Fraunhofer IGB erprobte Biochip enthält eine gezielt ausgewählte Kombination mehrerer hundert Gene zur Charakterisierung von Mammakarzinomen. Eine Fehlfunktion dieser Gene geht häufig mit der Entstehung von Brustkrebs einher. Das Set dient dazu, aussagekräftige Transkriptionsprofile der tumorrelevanten Gene zu erzeugen und Zusammenhänge zu klinischen Verläufen herzustellen. Dies soll zukünftig den prognostischen und therapiebegleitenden Einsatz in der klinischen Routinediagnostik ermöglichen.

Ausgewählt werden insbesondere solche Gene, die zelluläre Wachstumsprozesse steuern. Damit kann der Array auch allgemein dazu dienen, die Proliferation in geeigneten Zellsystemen zu messen. Biochips sind damit geeignete molekularbiologische Werkzeuge zur Aufklärung von zellulären Signalvorgängen.

Untersuchung von Zelllinien und Tumorproben

Immunohistochemische Untersuchung von TßRII in Brustgewebe: gesundes Gewebe.
Immunohistochemische Untersuchung von TßRII in Brustgewebe: gesundes Gewebe.
Immunohistochemische Untersuchung von TßRII in Brustgewebe.
Bild 2: Immunohistochemische Untersuchung von TßRII (transforming growth factor-receptor II) in Brustgewebe, Bild oben: gesundes Gewebe, Bild unten: Tumorgewebe (Clin. Cancer Res. 10: 491, 2004).

Die Entwicklung erfolgte zunächst an etablierten Brustkrebs-Zelllinien, die durch Behandlung mit Antiöstrogenen bzw. Zytokinen stimuliert wurden. Anschließend wurden die Daten mit unabhängigen Quantifizierungsmethoden verglichen. Der Biochip wird zur Untersuchung einer größeren Anzahl archivierter Tumorpräparate verwendet, die in einer Gewebebank am Robert-Bosch-Krankenhaus gesammelt werden.

Effiziente Datenanalyse

Die Analyse der umfangreichen Daten erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Institut für Stochastik und Anwendungen der Universität Stuttgart. Weiterhin wird das in Forschungskooperation entwickelte System M-CHiPS (»microarray data warehouse and analysis tool«, DKFZ Heidelberg, www.mchips.org) eingesetzt. So werden aussagekräftige Transkriptionsprofile erstellt und Zusammenhänge zu klinischen Verläufen hergestellt. Mit deren Hilfe soll der Chip prognostisch und therapiebegleitend in der klinischen Routinediagnostik eingesetzt werden.