DEUS 21: Dezentrale urbane Wasserinfrastruktursysteme – Anaerobe Abwasserreinigung im Demonstrationsvorhaben in Knittlingen

Schema der anaeroben Abwasserreinigung mit Membranfiltration.
Schema der anaeroben Abwasserreinigung mit Membranfiltration.

Versuche an einer ersten Pilotanlage im Neubaugebiet Knittlingen sowie einer Technikumsanlage am Fraunhofer IGB hatten gezeigt, dass die Abwasserreinigung besser funktioniert, wenn die Feststoffe vorher abgetrennt werden. Diese Funktion übernimmt nun ein Absetzbehälter.

Vergärung der Feststoffe

Die abgesetzten Feststoffe werden separat bei 37 °C nach dem am Fraunhofer IGB entwickelten Verfahren der Hochlastfaulung mit integrierter Mikrofiltration behandelt. Dabei werden bis zu 5000 Liter Biogas pro Tag produziert. Die hydraulische Verweilzeit im Reaktor beträgt etwa zehn Tage, die Verweilzeit der Feststoffe ist durch den Abzug des Filtrats in gewissem Umfang frei einstellbar, liegt jedoch deutlich höher.

Anaerobe Reinigung des Abwassers

Bioreaktor.
Bioreaktor.

Der Überlauf des Absetzbehälters (ca. 99 % des Zulaufs) wird in einem unbeheizten, voll durchmischten Bioreaktor mit einem Volumen von 10 m3 behandelt. Der Ablauf erfolgt über vier parallele Rotationsscheibenfilter mit einem Porendurchmesser von 0,2 µm. Da es bisher in Deutschland keine Anlagen gibt, in denen kommunales Abwasser anaerob bei niedrigen Temperaturen behandelt wird, müssen die Mikroorganismen, die dies bewerkstelligen, zunächst herangezüchtet werden. Daher wurde die Belastung des Bioreaktors zunächst nur langsam gesteigert.

Hervorragende Reinigung – weniger Schlamm

Behälter zur Abwasserreinigung.
Behälter zur Abwasserreinigung.

Schon im Sommer 2009 (Reaktortemperaturen 22 bis 27 °C) konnte der Chemische Sauerstoffbedarf (CSB) des Ablaufs über einen längeren Zeitraum konstant unter 150 mg/l (Grenzwert der Abwasserverordnung für Kläranlagen für weniger als 1000 Einwohner) gehalten werden, für mehr als einen Monat sogar unter 120 mg/l. Im Herbst/Winter 2009 (Reaktortemperaturen 13 bis 19 °C) wurde kontinuierlich ein Grenzwert von 150 mg CSB/l unterschritten, obwohl die Methanbakterienkonzentration im Bioreaktor noch relativ niedrig war. Die minimalen Verweilzeiten des Abwassers im Bioreaktor betrugen im Herbst/Winter 36 Stunden. Die Zulaufkonzentrationen liegen zwischen 400 und 1100 mg CSB/l, der durchschnittliche Abbaugrad lag zu den genannten Zeiträumen bei 85 %. Die maximale Biogasproduktion betrug knapp 2000 Liter pro Tag. Im Sommer betrug der Zuwachs der Biomasse in zwei Monaten knapp 5,5 kg (gemessen als Trockensubstanz), dies entspricht bei üblicher Entwässerung auf 25 % Trockensubstanzgehalt einem zu entsorgenden Schlammvolumen von 22 Litern. Das sind 10 % der beim Belebtschlammverfahren zu erwartenden Menge an Überschussschlamm. Die Membranfiltration ist seit Inbetriebnahme im März 2009 nur durch automatisches Rückspülen mit Filtrat gereinigt worden, eine erste chemische Reinigung fand im April 2010 statt.

Gewinnung von Biogas

Durch die rein anaerobe Verfahrenstechnik werden die organischen Inhaltsstoffe des Abwassers zum größten Teil zu Biogas umgesetzt. Nach den bisherigen Erfahrungen liegt die Biogasproduktion bei 40 bis 60 Litern pro Einwohner und Tag. Bei der herkömmlichen Abwasserreinigung wird durch die Schlammfaulung ein Biogasertrag von etwa 25 Litern pro Einwohner und Tag erreicht. Der Energiegehalt des bei der anaeroben Abwasserreinigung entstehenden Biogases liegt bei mehr als 100 kWh pro Einwohner und Jahr. Stellt man diesen Gewinn von 100 kWh dem Energiebedarf großer Kläranlagen gegenüber, die pro Jahr etwa 30 kWh elektrische Energie pro Einwohner und Jahr und noch einmal den gleichen Betrag an thermischer Energie benötigen, zeigt dies, dass eine mindestens energieautarke Abwasserreinigung unter anaeroben Bedingungen möglich ist.

Da die Anlage in Knittlingen als Demonstrationsanlage relativ klein ist, ist hier eine Nutzung des Biogases mit herkömmlichen Systemen wie Blockheizkraftwerk oder auch Stirlingmotor kaum umsetzbar. Das Biogas wird daher in einem Brenner verbrannt und somit thermisch im Prozess der Abwasserreinigung verwertet.

Förderung

Wir danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die Förderung des Projekts »Dezentrale Urbane Infrastruktursysteme DEUS 21«, Förderkennzeichen 02WD0850.

Bundesministerium für Bildung und Forschung.