Optimierte Vergärung von Algenbiomasse durch Modellierung und Simulation

Ausgangssituation

In den nächsten zwei Jahrzehnten wird weltweit eine Steigerung des elektrischen Energiebedarfs um ca. 70 Prozent erwartet. Zur Deckung des wachsenden Strombedarfs sind zusätzliche Kraftwerksressourcen erforderlich. Zudem können die Herausforderungen des weltweiten Klimaschutzes nur mit einer nachhaltigen Energieversorgung verwirklicht werden. Um diese Ziele zu erreichen, ist die verstärkte und effiziente Nutzung von Biomasse zur Produktion von Strom und Wärme unverzichtbar. Hierfür bietet sich die Kopplung eines thermischen Vergasers oder eines Biogasreaktors mit einer Mikrogasturbine an. Als Einsatzstoffe können je nach Verfahren Algen, Holz, Schlämme, Torf, Müll, Trester und weitere organische Reststoffe verwendet werden.

Projektziele

Im Rahmen des Forschungsvorhabens DeDeBio werden mathematische Modelle für die Auslegung dezentraler Biomasse-Kraftwerkskonzepte entwickelt. Zur Erzeugung von Biogas soll sowohl ein thermisches Holzvergasungsverfahren (DLR) als auch ein biologisches Verfahren, mit Algen als Ausgangsstoff, betrachtet werden. Neben der Entwicklung von Werkzeugen zur CFD-basierten Brennkammerauslegung (computational fluid dynamics) liegt der Fokus auf der Modellierung des Biogasreaktors und des Holzvergasers. Diese numerischen Modelle sollen dann zur Simulation der Produktgaszusammensetzung und in Kombination mit Mikrogasturbinenmodellen zur Auslegung und Beurteilung unterschiedlicher Anlagen- und Betriebskonzepte eingesetzt werden.

Anaerobe Vergärung von Algenbiomasse

Mikroalge Chlorella vulgaris, 1000fache Vergrößerung.
Mikroalge Chlorella vulgaris, 1000fache Vergrößerung.
Mikroalge Phaeodactylum tricornutum, 1000fache Vergrößerung.
Mikroalge Phaeodactylum tricornutum, 1000fache Vergrößerung.
Mikroalge Spirulina platensis, 1000fache Vergrößerung.
Mikroalge Spirulina platensis, 1000fache Vergrößerung.

In einem Biogasreaktor werden die eingesetzten Substrate in mehreren Reaktionsschritten zu Biogas, bestehend aus den Hauptbestandteilen CH4 und CO2, umgesetzt. Die dabei erreichten Gasausbeuten und Gaszusammensetzungen sind von unterschiedlichen Faktoren wie Prozessführung, Substrataufbereitung und Substratzusammensetzung abhängig. Die Biogasausbeute von Pflanzen ist meist durch den mehr oder weniger großen Anteil an schwer verwertbarer Lignocellulose beschränkt. Die Verwendung lignocellulosearmer Mikroalgen dagegen, beispielsweise Chlorella vulgaris, Phaeodactylum tricornutum und Spirulina platensis, ermöglicht eine nahezu vollständige Umsetzung der organischen Substanz. Im realen Prozess können so, nach einer vorherigen Extraktion von Wertstoffen aus den Algen, die Reststoffe in einem kontinuierlichen zweistufigen Gaslift-Schlaufenreaktor bei mesophilen Bedingungen zu Biogas umgesetzt werden (siehe Grafik rechts). Die verwendeten Algenarten ließen sich unterschiedlich gut vergären: Sowohl die Zusammensetzung des Biogases als auch die Ausbeute variierten in Abhängigkeit der Zellinhaltsstoffe, der Zellwandbestandteile und der Zellwandstabilität. Insbesondere der Proteingehalt der Zelle spielt eine wesentliche Rolle. Die Biogasausbeute lag je nach Algenart zwischen 280 und 400 L / kg organischer Trockenrückstand (oTR).

Modellierung des Bioreaktors

Für den Biogasreaktor hat das Fraunhofer IGB mithilfe der stöchiometrischen Abschätzung nach Buswell und Boyle ein Black-Box-Modell erstellt, welches die Zusammensetzung des Biogases in Abhängigkeit des Einsatzstoffs anhand von stöchiometrischen Zusammensetzungen wiedergibt. Berücksichtigt man die unvollständige stöchiometrische Umsetzung der zugeführten Biomasse in Biogas im realen Prozess (ein Teil der zugeführten Biomasse geht in das Wachstum der Bakterien über) sowie die eingeschränkte Verfügbarkeit der organischen Stoffe (nicht aufgeschlossene Zellbestandteile) über einen Korrekturfaktor, so kann mithilfe des Modells sowohl die Produktgasausbeute als auch die Produktgaszusammensetzung am Ausgang des Reaktors abgeschätzt werden. Auf diese Weise können Änderungen der Prozessparameter oder der Anlagenkonfiguration simuliert und die Iterationsschritte bei der Auslegung der Anlagen zur Produktgaserzeugung zukünftig reduziert werden.

Ausblick

Zweistufige anaerobe Vergärungsanlage für Algen.
Zweistufige anaerobe Vergärungsanlage für Algen.

Die dadurch erzeugten mathematischen Modelle für die Simulation der mit Algenreststoffen betriebenen Biogasanlagen können entsprechend zur Weiterentwicklung und Optimierung von biologischen Reaktoren genutzt werden. Das erzeugte Modell kann so die Skalierung der Anlagen unterstützen. Die im Rahmen des Projekts gewonnenen Erkenntnisse und entwickelten Modelle werden erstmals eine umfassende Modellierung dieser Anlagenkonzepte und der Anlagenkomponenten erlauben – und dezentralen, gasturbinen-basierten Biomasse-Kraftwerken zu einer beschleunigten Marktreife verhelfen.

Literatur

[1] Becker, E. W. (2004) Microalgae in human and animal nutrition. In: Richmond, A. (ed.) Handbook of microalgal culture. Oxford: Blackwell Publishing: 312-351

[2] Samson, R.; Leduy, A. (1982) Biogas production from anaerobic digestion of Spirulina maxima algal biomass, Biotechnol. Bioeng. 24: 1919-1924.

Förderung

Wir danken der Stiftung Energieforschung Baden-Württemberg für die Förderung des Projekts »Entwicklung und Validierung von Design-Werkzeugen für die Auslegung von dezentralen Biomasse-Kraftwerkskonzepten zur kombinierten Strom- und Wärmeerzeugung – DeDeBio«.

Projektpartner

  • Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Stuttgart