Als Unterzeichner des Pariser Klimaabkommens COP21 hat sich auch Südafrika verpflichtet, seine CO2-Treibhausgasemissionen zu reduzieren. So hat das südafrikanische Ministerium für Bodenschätze und Energie in seinem »Integrierten Ressourcenplan 2019« den Ausbau erneuerbarer Energien und die Stilllegung mehrerer Kraftwerke für fossile Brennstoffe angekündigt [1].
Herausforderungen in Südafrika
Um den hohen Energiebedarf decken zu können, werden einige der Kohlekraftwerke auch nach 2030 noch eine Rolle bei der Energieversorgung spielen. Die kohlebefeuerten Anlagen der Energie-, Zement- und Papierherstellung stoßen große Mengen des Treibhausgases CO2 aus, zugleich setzen sie gesundheitsschädliche Stickoxide (NOx), Schwefeloxide (SOx) und Feinstaub frei. Die Intensivierung der Landwirtschaft in den letzten zwei Jahrzehnten hat die Nachfrage nach Düngemitteln in die Höhe getrieben. Da die heimische Produktion aufgrund der veralteten Infrastruktur hinterherhinkt, importiert Südafrika aktuell über 60 Prozent der benötigten Stickstoffdünger [2].
Südafrikanisch-deutsches Programm für Klimaschutz
Mit dem Programm CoalCO2-XTM des südafrikanischen Ministeriums für Wissenschaft und Innovation (Department of Science and Innovation, DSI), das vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) kofinanziert wird, will Südafrika den ökologischen Fußabdruck von Sektoren mit nur schwer reduzierbaren Emissionen vermindern. Ziel ist es, die problematischen Komponenten des Abgases aus der Kohleverbrennung als Ausgangsmaterial für eine kreislauforientierte und wertschöpfende Herstellung von Produkten zu nutzen und dadurch das Abgas zu reinigen. Hierfür wird grünes Ammoniak benötigt, das somit eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung der (Agro-)Chemie- und Energiewirtschaft einnimmt.
Rauchgas nutzbar machen
Ein erstes CoalCO2-XTM-Projekt in Südafrika, gefördert vom DSI und koordiniert von EPCM Global Engineering, verfolgt das Ziel, die Abscheidung von CO2, NOx und Partikeln aus Rauchgas an einem Produktionsstandort des Zementherstellers PPC Cement im Maßstab 300 m3/h zu demonstrieren. Zur Umwandlung von CO2 in Ammoniumbicarbonat kommt dabei die patentierte CPPE-Multischadstoff-CO2-Abscheidungs- und Umwandlungstechnologie zum Einsatz. Die Prozessentwicklung des CoalCO2-X™-Programms zielt darauf ab, die aufgefangenen Gase in vielfältige Produkte umzuwandeln, z. B. in synthetischen Dieselkraftstoff und marktfähige chemische Grundstoffe wie Ammoniumbicarbonat, Kaliumcarbonat und Schwefelsäure. Der multinationale Düngemittelhersteller Omnia Holdings entwickelt die Formulierung der gewonnenen anorganischen Salze zu marktfähigen Düngemitteln.
Synthese von grünem Ammoniak
Auf deutscher Seite wird ein vom Fraunhofer IGB koordiniertes CoalCO2-XTM-Teilprojekt durch das BMBF gefördert. Hier liegt der Schwerpunkt auf der Pilotierung der Synthese von grünem Ammoniak mittels des Haber-Bosch-Verfahrens im Maßstab von 1 kg/h. Der hierzu benötigte grüne Wasserstoff wird elektrolytisch in den Anlagen von HySA (Hydrogen South Africa) erzeugt. Neben der technischen Entwicklung und der Optimierung des Prozesses für den intermittierenden Betrieb soll eine Wirtschaftlichkeitsbewertung die Skalierung der Ammoniaksynthese unterstützen.
Ammoniak wird mit der aus dem Rauchgas gewonnenen Schwefelsäure zu Ammoniumsulfat weiterverarbeitet, einer marktfähigen Basischemikalie und wertvollem Düngemittel. Grüner Wasserstoff und grünes Ammoniak stellen somit wichtige Bindeglieder zwischen den im Rahmen des Programms entwickelten Technologien dar.
Industriepartner für Skalierung gesucht
Weitere Phasen des CoalCO2-XTM-Programms dienen der Skalierung dieser Technologien, für die sowohl in Südafrika als auch in Deutschland interessierte Industriepartner gesucht werden. Auf diese Weise soll es der stark von der Kohle abhängigen südafrikanischen Wirtschaft ermöglicht werden, den Energieträger Kohle als Brückentechnologie bis zum vollständigen Umstieg auf eine erneuerbare Energie- und Rohstoffbasis auf möglichst umweltverträgliche Weise zu nutzen.