Mikroalgen können in geschlossenen Kultivierungssystemen gezüchtet werden, sogenannten Photobioreaktoren. Für ihr Wachstum benötigen die Einzeller neben Licht und Kohlenstoffdioxid (CO2) nur Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor. Die Biomasse von Mikroalgen kann verschiedene Wertstoffe enthalten. Welche gebildet und in welchen Konzentrationen diese hergestellt werden, hängt von den Kultivierungsbedingungen, z. B. der Nährstoffversorgung, und vor allem der Auswahl der kultivierten Mikroalgenart ab. So produzieren verschiedene Algenspezies etwa Farbstoffe, Omega-3-Fettsäuren oder Proteine, die beispielsweise für den Einsatz in der Lebensmittel- oder Kosmetikindustrie geeignet sind.
In dem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Verbundprojekt FuTuReS haben Forschende des Fraunhofer IGB, der Universität Hohenheim und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) untersucht, unter welchen Bedingungen und für welche Zwecke sich die Kultivierung von Mikroalgen in Deutschland derzeit bereits lohnt.
Die angestrebte Bewertung basiert dabei auf bereits vorhandenen, realen Prozessdaten und soll neben potenziellen Wertschöpfungsketten zur Nutzung von recycling‑ und nährstoffreichen Strömen aus Reststoffen, wie Stickstoff, Phosphat und CO2, insbesondere auch die Einspeisung von Überschussstrom aus Biogas‑ und Photovoltaikanlagen der Landwirtschaft berücksichtigen. Speziell bei Lichtmangel, z. B. in der Nacht, kann die Überschussenergie gezielt für eine zusätzliche artifizielle Beleuchtung der Algen genutzt werden, um so die Biomasseproduktivität in Photobioreaktoren deutlich zu steigern.
Prozessdaten aus Mikroalgenproduktion und Wertstoffextraktion
Hierzu wurden erstmals verschiedene Kultivierungsszenarien im Pilotmaßstab miteinander verglichen: Die Algenzucht in Photobioreaktoren einerseits bei Sonnenlicht in Freilandanlagen oder Gewächshäusern und anderseits mit künstlicher Beleuchtung in geschlossenen Indoor-Anlagen. Für den Vergleich wurde die einzellige Kieselalge Phaeodactylum tricornutum eingesetzt, welche sich auch unter den Bedingungen des mitteleuropäischen Klimas gut züchten lässt und durch ihren hohen EPA-, Fucoxanthin- und Proteingehalt eine sehr hohe Wertschöpfung ermöglicht. Der Fokus der Untersuchungen richtete sich daher auf die Produktion des Farbstoffs Fucoxanthin, von Eicosapentaensäure (eine Omega-3-Fettsäure, kurz EPA) und von Proteinen sowie die hierbei generierte Wertschöpfung.
Höherer Biomasse-Ertrag bei künstlicher Beleuchtung
Die generierten Prozessdaten der Kultivierungsprozesse flossen in eine technoökonomische und eine Lebenszyklusanalyse ein, durchgeführt an der Universität Hohenheim. Die Bilanzierungen zeigten auf, dass am Standort Deutschland die durchgehende Beleuchtung mit künstlichem Licht aus energiesparenden LEDs Vorteile gegenüber der (natürlicherweise nicht durchgehenden) Nutzung von Sonnen- bzw. Tageslicht im Freilandbetrieb hat.
Mit Blick auf die Ausbeute der dabei produzierten Wertstoffe bietet sich dagegen ein differenzierteres Bild. Es konnte gezeigt werden, dass sich die Kultivierung von Mikroalgen zur Gewinnung von hochpreisigen Produkten, wie Fucoxanthin und EPA, wirtschaftlich lohnen kann. Die darüber hinausgehende Gewinnung von Proteinen erhöht die Profitabilität allerdings nicht mehr, da Proteine global aktuell zu relativ günstigen Preisen erhältlich sind.
Kostensenkung durch Automatisierung
Die Ergebnisse aus dem Projekt flossen direkt in die weitere Arbeit der Arbeitsgruppe am Fraunhofer IGB ein: So steht weiterhin im Fokus, die Kosten der Mikroalgenkultivierung zu senken, z. B. durch Automatisierung der Prozesse oder neue Beleuchtungs- und Reaktorkonzepte. Des Weiteren suchen wir Partner, welche sich für die praktische Umsetzung der Forschungsergebnisse außerhalb des Forschungskontexts interessieren.