Reproduzierbarkeit durch Standardisierung
Für den Übergang in eine industrielle Anwendung sind Kriterien wie Formtreue und Reproduzierbarkeit der mittels additiver Fertigung generierten Produkte von entscheidender Bedeutung. Die hohe Diversität der am Markt verfügbaren Druckersysteme sowie die bisher geringe Standardisierung verfügbarer Biomaterialien zur Herstellung von Biotinten führen in Summe zu einem »Daten‑Dschungel«, aus dem sich allgemeingültige material‐ und prozessrelevante Kriterien für eine ziel‐ und erfolgsorientierte Durchführung des 3D‑Bioprinting nur schwer ableiten lassen.
Ringversuch für Standard Operation Procedure (SOP)
Zur Lösung dieser Herausforderungen lud das KIT im Projekt SOP_BioPrint 13 renommierte Partner, ausgewählt anhand ihrer durch Publikationen auf diesem Gebiet ausgewiesenen Expertise, zu einem Ringversuch ein. Solche Versuche werden normalerweise zur Qualitätssicherung oder zur Validierung von Mess- und Prüfverfahren eingesetzt. In Standard Operation Procedures (SOP) werden Herstellungs- oder Prüfverfahren exakt beschrieben, um unabhängig vom Hersteller oder Prüflabor immer reproduzierbare und damit vergleichbare Ergebnisse zu erhalten.
Im Projekt SOP_BioPrint wurde somit untersucht, inwieweit man mit standardisierten Biotinten, welche an unterschiedlichen Standorten und Geräten, jedoch mit gleichen Parametern verdruckt werden, reproduzierbare und vergleichbare Strukturen drucken kann. Um die Varianzen zu umgehen, die durch die Präparation von Tinten an den Standorten mit unterschiedlichen 3D‑Bioprintern hinzukommen, wurden neben einer kommerziellen Biotinte zwei weiteren Biotinten durch beteiligte Partner bereitgestellt.
Das Fraunhofer IGB nahm nicht nur an diesem Ringversuch teil, sondern lieferte auch eine Gelatine‑basierte vernetzbare Biotinte für alle an dem Ringversuch teilnehmenden Partner. Damit war die IGB‑Biotinte eine von drei im Ringversuch untersuchten Biotinten. Neben dem Material (modifizierte Gelatinen, Radikalstarter, Puffer) haben wir den Ringversuchspartnern auch eine SOP zur Modifizierung und Formulierung der Biotinte zur Verfügung gestellt. Mit dieser SOP konnten alle Beteiligten eine bezüglich ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften gleiche Biotinte produzieren und verdrucken.
Methacrylierte Gelatine nach standardisiertem Modifizierungsverfahren
Mit der Teilnahme am Ringversuch konnte für eine am IGB entwickelte Gelatine‑basierte Biotinte nun erstmals ein standardisiertes Herstellungsverfahren etabliert werden. Dabei sticht die nun standardisierte Modifizierung von Gelatine mit Methacrylsäureanhydrid als eine einfache und kosteneffiziente Strategie zur Integration photopolymerisierbarer Gruppen in das Biopolymer hervor.
Die resultierenden methacrylierten Gelatine-Derivate sind in der Lage, durch photoinitiierte radikalische Polymerisation kovalent zu vernetzen. Damit stellen sie eine vielseitige Matrix dar, die für die Entwicklung von Gewebeanaloga verwendet werden kann, die von Gefäßen über Knorpel, Bänder, Sehnen und Knochen bis hin zum Fettgewebe und Herzgewebe reichen [1].
Neben den biologischen Vorteilen ist die Möglichkeit der mechanischen Steifigkeit über die Verwendung von chemisch vernetzbaren Gelatine‑basierten Hydrogelen im Bioprinting von wesentlicher Bedeutung. Darüber hinaus ermöglicht die Methacrylierung, das rheologische Verhalten der Gelatine zu kontrollieren und sie bei Raumtemperatur fließfähig werden zu lassen. Dies erlaubt ein hohes Maß an Kontrolle über das Hydrogel‑Design im 3D‑Bioprinting.