WowWowSkin – Aufbau von In-vitro-Hundehaut-Äquivalenten

Tierarzneimittel werden oft ohne vorherige Testung auf Wirksamkeit eingesetzt oder es kommen humane Therapeutika zur Anwendung, obwohl diese für solche Zwecke eigentlich nicht geeignet sind. Das gilt auch bei dermatologischen Problemen von Hunden, die besonders häufig sind. Am Fraunhofer IGB haben wir erfolgreich ein In-vitro-Hundehaut-Äquivalent für standardisierte Testungen veterinärmedizinischer Therapeutika und Pflegeprodukte entwickelt. Hierfür wurden Zellen (Fibroblasten, Keratinozyten) aus Hundehaut-Biopsien, die bei medizinisch notwendigen Operationen anfallen, isoliert, gentechnisch immortalisiert und daraus Hundehaut-Äquivalente aufgebaut, die physiologisch der In-vivo-Hundehaut sehr ähnlich sind.

In-vitro-Hundehaut-Äquivalente für die Testung veterinärmedizinischer Therapeutika

Hundehaut, immunhistologischer Nachweis von CK14
© Fraunhofer IGB
Hundehaut, immunhistologischer Nachweis von CK14
Die aus der Hundehaut isolierten Zellen der Epidermis und der Dermis werden in einer Nährlösung kultiviert und dann wieder zu einem Vollhaut-Äquivalent zusammengeführt.
© Fraunhofer IGB
Die aus der Hundehaut isolierten Zellen der Epidermis und der Dermis werden in einer Nährlösung kultiviert und dann wieder zu einem Vollhaut-Äquivalent zusammengeführt.

Der globale Tierarzneimittelmarkt ist mit geschätzten 18,5 Mrd. US$ für das Jahr 2021 ein stetig wachsender Markt [1], da im Haustier-Bereich hohe Summen für Behandlungen ausgegeben werden. Im Vergleich zur Humanmedizin ist der Markt für Tierarzneimittel jedoch nur wenig reguliert. Therapeutika werden dabei auch ohne vorherige Testung auf Wirksamkeit eingesetzt, mit oft minimalem oder ohne evaluiertem Nutzen. Zudem werden oftmals humane Therapeutika für Tiere angewandt, obwohl sich die Pharmakodynamik und toxikologische Wirkungen speziesspezifisch zum Teil stark unterscheiden. Deshalb werden zur Wirksamkeits- und Risikobewertung von Veterinärtherapeutika verstärkt speziesspezifische Testungen eingefordert. Um gleichzeitig umstrittene Tierversuche zu vermeiden, bieten sich hierfür In‑vitro‑Testmethoden an.

 

Standardisierte Testung von Therapeutika und Pflegeprodukten für Hunde

Dermatologische Probleme von Haustieren, insbesondere von Hunden, gehören zu den am häufigsten auftretenden Erkrankungen in Tierkliniken. Im Projekt WowWowSkin entwickelt das IGB daher ein In‑vitro‑Modell für Hundehaut (Abb. 1), um Therapeutika und Pflegeprodukte für den Hund standardisiert testen zu können. Dazu werden (1) primäre Zellen aus Hundehaut-Biopsien isoliert, (2) gentechnisch immortalisiert und (3) daraus Hunde-Vollhautäquivalente aufgebaut (Abb. 2). Die Isolierung primärer Zellen und ihre Immortalisierung sowie die Etablierung von In‑vitro‑Hautmodellen wird seit Jahrzehnten im Innovationsfeld Zell- und Gewebetechnologie erfolgreich mit humanem Material durchgeführt. Basierend auf dieser Expertise wurden wesentliche Arbeitsschritte auf die Isolierung primärer Zellen aus Hundebiopsaten adaptiert und optimiert. Dabei wurden erfolgreich primäre Keratinozyten, Fibroblasten, Endothelzellen und Melanozyten isoliert und expandiert. Diese werden mittels stabiler Transfektion mit geeigneten Plasmiden immortalisiert, um mit diesen schließlich In-vitro-Epidermis-, -Dermis-, und -Vollhaut-Modelle zu etablieren.

Arbeitsablauf von WowWowSkin: Isolierung primärer Zellen aus Hundehaut-Biopsaten, Immortalisierung und Etablierung caniner 3D-In-vitro-Hautäquivalente
© Fraunhofer IGB (erstellt mit BioRender.com)
Arbeitsablauf von WowWowSkin: Isolierung primärer Zellen aus Hundehaut-Biopsaten, Immortalisierung und Etablierung caniner 3D-In-vitro-Hautäquivalente
Isolierte, primäre Zellen caniner Haut: A) Keratinozyten; B) Fibroblasten, C) Endothelzellen, D) Melanozyten
© Fraunhofer IGB
Isolierte, primäre Zellen caniner Haut: A) Keratinozyten; B) Fibroblasten, C) Endothelzellen, D) Melanozyten

Reproduzierbares, komplexes Hunde-Hautmodell

Das finale canine Vollhautmodell, bestehend aus verschiedenen immortalisierten Zellarten, wird sich zum einen durch eine hohe spenderunabhängige Reproduzierbarkeit und zum anderen durch seine zelluläre Komplexität auszeichnen. Das IGB‑intern geförderte Garagenprojekt WowWowSkin ermöglicht dem IGB mit der Entwicklung eines caninen In‑vitro‑Hautmodells den Einstieg in ein neues strategisches Feld animaler In‑vitro‑Hautmodelle, mit dem die Testung von Veterinärtherapeutika insbesondere auch zur Behandlung zoonotischer Hauterkrankungen, von Pflegemitteln sowie von Mitteln zur Floh- und Zeckenprävention adressiert werden.

Die Hundehaut-Äquivalente stehen am Fraunhofer IGB für die Testung von Wirkstoffen und Pflegemitteln zur Verfügung und weisen folgende Charakteristika auf:

  • Abbildung typischer physiologischer Hautzustände im Hundehaut-Modell, z. B. epidermale Differenzierung und Barrierewirkung
  • Einsatz für das Screening von Wirkstoffen mit mittlerem bis hohem Durchsatz
  • Genauer und reproduzierbarer Nachweis von Substanzen, die typische pathologische Hautzustände (z. B. Hautreizungen) verursachen

Angebot und Zusammenarbeit

Histologische Schnitte von Hundehaut (oben links) und humaner Haut (oben rechts) zeigen, dass die Epidermis beim Hund dünner ist und kaum verhornt. Die Mikroskopaufnahmen in vitro kultivierter Hautäquivalente (unten) zeigen, dass die Hundehaut aus dem Labor (unten links) vom Original morphologisch praktisch nicht zu unterscheiden ist.
© Fraunhofer IGB
Histologische Schnitte von Hundehaut (oben links) und humaner Haut (oben rechts) zeigen, dass die Epidermis beim Hund dünner ist und kaum verhornt. Die Mikroskopaufnahmen in vitro kultivierter Hautäquivalente (unten) zeigen, dass die Hundehaut aus dem Labor (unten links) vom Original morphologisch praktisch nicht zu unterscheiden ist.

Vorteile und Technologiereifegrad

Aufgrund der Verwendung von immortalisierten Zellen grenzt sich das In-vitro-Hundehaut-Äquivalent des Fraunhofer IGB (TRL 9) zum einzigen Konkurrenzprodukt durch eine hohe spenderunabhängige Reproduzierbarkeit bei einer in-vivo-nahen Differenzierung der Zellen ab. Die Testung von Wirkstoffen kann jederzeit schnell, einfach und reproduzierbar durchgeführt werden und ersetzt In-vivo-Untersuchungen. Zudem ist das Hundehaut-Modell für verschiedene Arten der Wirkstoffapplikation (topisch, systemisch) geeignet.

 

Zusammenarbeit

Aufgrund der hohen Technologiereife können wir unterschiedliche Dienstleistungen und Weiterentwicklungen anbieten. Kontaktieren Sie uns gerne, um Ihren Bedarf und unsere Leistungen zu besprechen.

  • Testung von Veterinärpharmazeutika und Hundefell-Pflegemitteln in unseren Labors am Fraunhofer IGB
  • Studien zur transdermalen Wirkstoffabgabe
  • Studien zur Hautpenetration
  • Wirkungsweise von Arzneimitteln und Wirkstoffen