Chitin ist das zweithäufigste natürliche Polymer auf der Erde: jährlich werden etwa 1010-1011 Tonnen in der Natur hergestellt. Aufgrund der hohen Bioverfügbarkeit besitzt diese Ressource großes Potenzial. Es wird von einer Vielfalt an Organismen, inklusive Pilzen, Insekten und Krabben als strukturelle Komponente gebildet. Die derzeitige kommerzielle Nutzung ist unterrepräsentiert und fokussiert sich lediglich auf die Isolierung aus Krabbenschalen.
Chitinisolierung
Neben der enzymatischen Hydrolse zu Chitosan (s. Enzymatische Konversion von Chitin aus Krabbenschalen und Insektenexoskeletten) beschäftigt sich unsere Arbeitsgruppe mit Methoden zur Chitinisolierung, die vorwiegend auf milden chemischen und enzymatischen Prozessen basieren. Enzymatische Prozesse beinhalten die Verwendung einzelner Enzyme oder Enzymcocktails zur Entfernung von Kontaminanten aus der Chitinmatrix.
Im Gegensatz dazu verfolgt die Arbeitsgruppe Industrielle Biotechnologie auch die Strategie, durch Konversion des Chitins zu niedermolekularem Chitin oder Chitosan den gewünschten Stoff aus der Matrix herauszulösen. Die Nutzung nasschemischer Methoden erfolgt unter dem Aspekt der möglichst effektiven Separation von Verunreinigungen bei gleichzeitiger Konservierung der chemisch-physikalischen Eigenschaften des Chitins. Im Zusammenhang damit ist auch die bevorzugte Verwendung wässriger Medien gegenüber organischen Lösungsmitteln zu nennen, die in einem großtechnischen Prozess erhöhter Sicherheitsvorkehrungen bedürfen.
Aufreinigung
Innovative Ansätze beinhalten auch den Transfer von Aufreinigungsmethoden aus der Isolierung anderer Naturstoffe. So werden z. B. chemisch-physikalische Prozesse wie das Organosolv-Verfahren auch zur Chitinaufbereitung angewendet. Eine Effizienzsteigerung und damit auch eine Ressourcenschonung wird durch eine maßgeschneiderte verfahrenstechnische Auslegung des Prozesses erreicht. Die Anpassung des Aufreinigungsverfahrens an die jeweilige Chitinressource basiert auf der Verwendung statistischer Werkzeuge, die in einer Reduktion von Abfallprodukten im Prozess resultiert. Etwaige anfallende Nebenprodukte werden nicht als Abfallstoff, sondern als Startpunkt einer neuen Wertschöpfung identifiziert. So könnten z. B. die Mineralien, die aus der Aufbereitung von Insekten- und Krabbenchitin gewonnen werden, potentiell als Zusatzstoff in Düngemitteln eingesetzt werden.
Die von uns entwickelten Aufreinigungstechniken zielen daraufhin ab, die Produkte später auch in einem großtechnischen Prozess in einer Großanlage realisieren zu können. Die für die Aufskalierung notwendigen Berechnungen sind ebenfalls Bestandteil unseres Portfolios.