Der Weg hin zur Bioökonomie ist ein Transformationsprozess, der etablierte Wertschöpfungsketten verändert und diese zu kommunizierenden Wertschöpfungsnetzwerken weiterentwickelt. In diesem Zuge entwickelt das Fraunhofer IGB Konzepte für eine komplette Umgestaltung von Kläranlagen hin zu Abwasser-Bioraffinerien mit Nutzung von Rest- und Abfallstoffen.
Bioökonomie für lokale Kreislaufwirtschaft
Dies kann ein wichtiger Baustein im Sinne einer lokalen Kreislaufwirtschaft und eines modernen Bioökonomie-Ansatzes sein und ist essenziell für die Schließung von Stoffkreisläufen. Im Vordergrund stehen dabei die Nähr- und Wertstoffrückgewinnung und die Nutzung von Stoffströmen wie CO2 zur Herstellung von Folgeprodukten. So hergestellte Produkte sollen iterativ in wertschöpfenden Prozessen als Ausgangsmaterialien eingesetzt werden, um eine wirklich nachhaltige Kreislaufwirtschaft realisieren zu können.
Wertstoffzentrierte Verfahrenskombination
Das vom Land Baden-Württemberg geförderte Vorhaben »Rohstoffquelle Klärschlamm und Klimaschutz auf Kläranlagen« (RoKKa) verfolgt die Vision, die Trendwende zu einer Kläranlage als Bioraffinerie durch eine wertstoffzentrierte Verknüpfung von innovativen Verfahren klimafreundlich und partizipativ voranzutreiben. Durch die Einbindung der für den Gewässerschutz bereits effizient arbeitenden Infrastrukturen auf den Kläranlagen wird eine flächendeckende Übertragbarkeit und eine Verstetigung des Ansatzes Kläranlage als Bioraffinerie möglich.
Hochlastfaulung ermöglicht Wertstoffproduktion aus Klärschlamm und CO2-Nutzung
RoKKa demonstriert anhand von insgesamt sechs Pilotanlagen auf der Kläranlage Erbach (Donau) die Produktion von Wertstoffen aus dem in einer Hochlastfaulung behandelten Teilstrom Klärschlamm. Die Stickstoff- und Phosphorrückgewinnung wird gekoppelt mit der Produktion von Mikroalgen. Carbon Capture and Utilization zu einer Basischemikalie wird am Beispiel des CO2 im Biogas pilotiert. In der Folge von RoKKa können Umweltschutzziele von Kläranlagen zukünftig mehrdimensional betrachtet werden (Gewässerschutz, Bioökonomie, Klimaschutz).
Ausblick
Die nur 20 Kilometer von Erbach entfernte Kläranlage Ulm-Steinhäule (für 440 000 Einwohnerwerte ) plant ebenfalls, den Klärschlamm zukünftig in einer Hochlastfaulung zu behandeln. Mit Inbetriebnahme der Hochlastfaulung wird ein Großteil des im Schlamm enthaltenen Ammoniums zurückgelöst und über das Schlammwasser der Kläranlage wieder zugeführt. Das in Erbach pilotierte Verfahren zur Stickstoffrückgewinnung AmmoRe könnte hier eingesetzt werden, um einerseits die Rückbelastung zu reduzieren, andererseits den Stickstoff als Wertstoff zurückzugewinnen. Insofern ist die Beteiligung des Zweckverbands Klärwerk Steinhäule am Vorhaben RoKKa eine gute Voraussetzung, die pilotierten Verfahren auch in die Umsetzung bringen zu können.