Hochlastfaulung – energieeffizientes Verfahren zur Vergärung von Klärschlamm und organischen Abfällen

Hochlastfaulung: mehr Biogas aus Klärschlamm, Gülle & Co.

Die Optimierung der Betriebsbedingungen bei der Klärschlammfaulung war Gegenstand intensiver Forschungsarbeiten am Fraunhofer IGB. Ergebnis ist das zweistufige Schwarting-Uhde-Verfahren (heute Schwarting Biosystems GmbH), das bereits 1979 patentiert wurde. Das Verfahren mit wesentlich verbessertem Wirkungsgrad, kurzer Verweilzeit und hohem Abbaugrad wird zur anaeroben Umsetzung organisch abbaubarer Substrate wie Gülle, Bioabfall oder Klärschlamm eingesetzt. Aufgrund der wesentlich erhöhten Biogasausbeute gewinnt es zunehmend an Attraktivität. Neben der zweistufigen Verfahrensführung ist auch ein einstufiger Betrieb möglich.

Vorteile der Hochlastfaulung

  • Höhere Raumbelastungen
  • Kürzere Verweilzeiten: 5 – 7 d
  • Höhere Wachstumsraten der Mikroorganismen
  • Höherer Umsatz
  • Höhere Abbauraten
  • Höhere Biogasausbeute: spezifische Biogasbildung bis 24 L/(EW d) aus Rohschlamm
  • Vermeidung von Schaumbildung im Betrieb
  • Kleineres Faulvolumen
  • Bessere Entwässerbarkeit: höhere TR im entwässerten Schlamm
  • Weniger Flockungshilfsmittel
  • Kostenreduktion bei der Schlammentsorgung
  • Hohe Ammoniumkonzentration im Schlammwasser – Stickstoffrückgewinnung möglich
Hochlastfaulung Edenkoben.
© Verbandsgemeindewerke Edenkoben
Hochlastfaulung Edenkoben.

Schlammfaulung – Energieeffiziente Alternative zur Schlammstabilisierung

Kläranlagen entfernen organische Inhaltsstoffe aus dem Abwasser. Verfault der dabei anfallende Schlamm, entsteht als Produkt Biogas. Allerdings verfügen nur gut ein Zehntel der rund 10 000 Kläranlagen in Deutschland über einen Faulturm. Vor allem kleinere Betreiber scheuen die Kosten, die durch den Neubau eines Faulturms entstehen. Stattdessen reichern sie den Klärschlamm im ohnehin vorhandenen Belebungsbecken mit Sauerstoff an und stabilisieren ihn.

Die Belebungsbecken benötigen allerdings sehr viel Strom und machen die Kläranlagen zum größten kommunalen Stromverbraucher. Gleichzeitig geht ein enormes Potenzial an Energie verloren, da bei der aeroben Schlammstabilisierung kein Biogas entsteht. Auch viele größere Kläranlagen, deren Faultürme mittlerweile veraltet sind, könnten mit moderner Technologie mehr Biogas produzieren und so Kosten- und Energieeffizienz verbessern.

Kläranlage in Tauberbischofsheim mit zweistufiger Hochlastfaulung und Mikrofiltration.
Kläranlage in Tauberbischofsheim mit zweistufiger Hochlastfaulung und Mikrofiltration.

Intelligente Nutzung von Klärschlamm als Energieträger

Die am Fraunhofer IGB entwickelte Hochlastfaulung macht die Klärschlammfaulung zu einem Verfahren, das durch die effiziente Umsetzung der Klärschlamminhaltsstoffe zu Biogas wesentlich zur Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz von Kläranlagen beitragen kann. Es ist deshalb auch ein geeignetes Verfahren für Kläranlagen mit 10 000 EW, die bisher den Schlamm mit hohem Strombedarf aerob stabilisieren.

Durch die Hochlastfaulung wird der Klärschlamm mit Nettoenergiegewinn stabilisiert, kann optimal entwässert und mit kleinstmöglichem Kostenaufwand thermisch entsorgt werden. Dabei entsteht der regenerative Energieträger Biogas als Produkt. Mit dem gewonnenen Biogas kann der Energiebedarf der Kläranlage gedeckt und so weitere Kosten eingespart werden. Die Hochlastfaulung stellt deshalb auch betriebswirtschaftlich eine intelligente Alternative dar und verbessert die Energieeffizienz kommunaler Kläranlagen deutlich.

 

Eingeschränkte Entsorgungsmöglichkeiten für Schlamm

Die Entsorgungswege für Klärschlamm aus der kommunalen Abwasserreinigung werden zunehmend weiter eingeschränkt. Für die Verwertung im Landschaftsbau wird es zukünftig keinen Bedarf mehr geben, die Verwertung in der Landwirtschaft ist umstritten, die Technische Anleitung Siedlungsabfall (TASi) hat die Deponierung für viele Schlämme ausgeschlossen. Die Verbrennung des Klärschlamms wird weiter an Bedeutung gewinnen, Preise für die Entsorgung werden steigen. Die aerobe Schlammstabilisierung ist teuer, oft unzureichend und für Kläranlagen > 10 000 EW keine adäquate Alternative.

Betriebsdaten des Verfahrens für Klärschlamm im Vergleich zur herkömmlichen Faulung

Kürzere Verweilzeit

Auch bei hohem Feststoffgehalt kann der Klärschlamm mit einer Verweilzeit von nur 5 bis 7 Tagen umgesetzt werden. Herkömmliche Faultürme werden mit durchschnittlich 20 bis 30 Tagen Verweilzeit betrieben. So werden organische Raumbelastungen von
8-10 kg oTR / m3 d statt 1-2 kg oTR / m3 d erreicht.

 

Höhere Biogasausbeute

Mit der Hochlastfaulung steigt die Biogasproduktion auf bis zu 23 Liter Biogas pro Einwohnerwert und Tag. Mit einer herkömmlichen Faulung werden dagegen durchschnittlich nur 19,7 Liter Biogas pro Einwohnerwert und Tag erreicht [Haberkern et al. 2008]. Das Gas kann zur Energieversorgung der Anlage oder zur Trocknung des Klärschlamms genutzt oder als technisch und kommerziell verwertbarer Energieträger abgegeben werden.

 

Weniger Gärrückstände

Im Zuge der erhöhten Biogasproduktion reduziert die Hochlastfaulung auch den Gehalt an organischen Inhaltsstoffen – je nach spezifischer Verfahrenskombination um 50-70 Prozent. Der organische Anteil des Trockenrückstands beträgt nur noch 50 Prozent. Der Schlamm kann dadurch besser entwässert werden. So fallen weit geringere Schlammmengen an, die günstig entsorgt werden können.

Schema der zweistufigen Hochlastfaulung mit Mikrofiltration.
Schema der zweistufigen Hochlastfaulung mit Mikrofiltration.

Weitere Verbesserung durch Mikrofiltration

Die Erweiterung der Hochlastfaulung um eine Mikrofiltration mit dem Rotationsscheibenfilter, ein am Fraunhofer IGB entwickelter energieoptimierter und wartungsarmer Filter mit keramischen Membranen, führt zu weiteren erheblichen Verbesserungen: Infolge der Aufkonzentrierung der Biomasse kann die Feststoffverweilzeit verkürzt, der Umsatz und die erzielbare Biogasmenge zusätzlich erhöht werden. Weitere Vorteile sind eine verbesserte Entwässerung des Restschlamms, geringere Schlammmengen und somit verringerte Kosten bei der Schlammentsorgung. Das partikelfreie Filtrat ist zudem reich an Ammonium und Phosphor, die entweder durch Strippung oder Fällung zurück gewonnen und als Dünger genutzt werden können oder das direkt als Düngewasser genutzt werden kann.

Hochlastfaulung auf der Kläranlage  Erbach.
© Fraunhofer IGB
Hochlastfaulung auf der Kläranlage Erbach.
Klärschlamm kann effektiv zu Biogas vergoren werden.
Hochlastfaulung auf der Kläranlage Bad Dürrenberg
Vorgeschaltete Hochlastfaulung im Klärwerk Heidelberg.

Energieeffizienz auch bei kleinen Kläranlagen

Einstufige Anlage zur Hochlastfaulung in Ilsfeld
© Fraunhofer IGB
Einstufige Anlage in Ilsfeld
Kläranlage Schwerzen.
Kläranlage Schwerzen. Auch für kleinere Kläranlagen (10 000 EW) ist die Hochlastfaulung wirtschaftlich.

Am Beispiel einer Kläranlage für 28 000 Einwohner hat das Fraunhofer IGB in einer Kosten-Nutzen-Studie nachgewiesen, dass es sich auch für kleinere Klärwerke lohnt, auf das energieeffizientere Hochlastverfahren umzusteigen – selbst wenn sie dafür in eine Schlammfaulung investieren müssen. Die jährlichen Entsorgungskosten von 225 000 Euro für den Faulschlamm könnten um bis zu 170 000 Euro reduziert werden, wenn der Schlamm nicht aerob, sondern in einer Hochlastfaulung mit Mikrofiltration abgebaut werden würde.

Rund 60 Prozent der Organik werden nach dem Hochlastverfahren mit Mikrofiltration zu Biogas umgesetzt – damit ist die Ausbeute etwa ein Drittel höher als beim herkömmlichen Faulungsprozess. Das gewonnene Biogas lässt sich für den Betrieb der Anlage nutzen. Im Fallbeispiel aus der Studie sinken die Energiekosten dadurch um mindestens 70 000 Euro jährlich.

Ein weiterer Vorteil: Bei der Hochlastfaulung fallen geringere Mengen Restschlamm an, die entsorgt werden müssen. Dadurch spart der Betreiber nochmals 100.000 Euro ein. Denn neben den hohen Energiepreisen schlagen vor allem die steigenden Entsorgungskosten zu Buche. Die Verwertung von Restschlamm in der Landwirtschaft ist umstritten und in Baden-Württemberg wird mittlerweile häufig schon darauf verzichtet. Schlämme dürfen auch nicht mehr deponiert werden. Die Alternative, den Schlamm zu verbrennen, ist jedoch sehr teuer. Eine effektive Schlammreduzierung durch Faulung ist daher lohnend, gerade auch für kleinere Kläranlagen bis 30 000 EW, die bisher den Schlamm mit hohem energetischem Aufwand oft aerob stabilisieren.

Unsere Vorgehensweise bis zur Implementierung

Hochlastfaulung-Pilotanlage
© Fraunhofer IGB
Die Hochlastfaulung kann auch im Pilotmaßstab zunächst auf der Kläranlage erprobt werden.

Auslegungsdaten in Technikumsanlage

Hochlastfaulungen werden hinsichtlich ihrer Integration in den Gesamtprozess der Schlammbehandlung einer Kläranlage individuell dimensioniert und ausgeführt. Für die erfolgreiche Realisierung einer Hochlastfaulung untersuchen wir die Vergärbarkeit des Rohschlammes im Hochlastbetrieb daher in der Regel zuvor im Technikumsmaßstab.

Die Experimente erfolgen in einer Versuchsanlage mit automatisierten 50-Liter-Reaktoren am Fraunhofer IGB. Anhand der hier gewonnenen Kenndaten konzipieren wir eine großtechnische Anlage und skalieren das Design auf einen industriellen Maßstab.

 

Pilotanlage gewährleistet optimalen Know-how-Transfer

Zudem können wir das Verfahren der Hochlastfaulung im Pilotmaßstab auf der Kläranlage umsetzen. Die Untersuchungen werden in diesem Fall in einer Pilotanlage ausgeführt, die aus einem temperierbaren Biogasschlaufenreaktor aus Edelstahl mit einem Nutzvolumen von ca. 2 m3 besteht. Dies bietet die Möglichkeit, den Betrieb einer Hochlastfaulung vor Ort zu erproben und dem Betreiber das Prozess-Know-how reibungslos zu übertragen, um die erfolgreiche Implementierung zu gewährleisten.

Hochlastfaulung: übertragbar auf organische Reststoffe und landwirtschaftliche Biogasanlagen

Das Hochlastverfahren lässt sich nicht nur für die Vergärung von Klärschlamm anwenden, sondern auch für viele andere organische Materialien wie Biomüll, Küchenabfälle oder landwirtschaftliche Reststoffe.

So lassen sich organische Reststoffe, die keiner weiteren stofflichen Verwertung zugeführt werden können, mittels Vergärung zu Biogas umsetzen.

Biogas kann wiederum nicht nur als Energieträger, sondern mit entsprechenden Verfahren auch als Kraftstoff oder als Chemierohstoff genutzt werden.